„Life is what happens to you while you’re busy making other plans.“
Darling Boy, John LennonÂ
Ich bin ein Mensch, der gerne im Voraus plant. Mein Jahr ist bis auf den letzten Tag verplant. Reisen, Festivals, Partys, Tagungen, Workshops, Weiterbildung, Kongresse, Konzerte, Museen, VortrĂ€ge. Ich bin mitten in den PrĂŒfungen fĂŒr das Zertifikat Leadership SVF. In einer Woche sollte mein Astrophysik Lehrgang wieder starten. Ende des Monats hĂ€tte ich Digitalism und Coco Rosie live sehen bzw. hören können. An Ostern wollte ich wieder ein paar Tage nach Amsterdam, um den ersten Mai nach Berlin, im Anschluss mal ein wieder ein Wochenende in Paris flanieren und an Pfingsten nach Portugal. Juni erneut nach Berlin, dann nach LĂ€rz und so weiter und so fort.
Und dann kam Corona
Zum GlĂŒck bin ich jemand der trotz der weitenlĂ€ufigen Planung erst kurz vorher FlĂŒge bucht, weil eben, wer weiss was bis dahin passiert. Und schon beim Schreiben merke ich, wie voll mein Leben ist. Wie durchgetaktet das gesamte Jahr ist. Nicht, dass mir das nicht bewusst gewesen wĂ€re, aber nun fĂ€llt es eben umso mehr auf. Ich dachte mir nĂ€mlich schon letztes Jahr um Weihnachten rum, dass ich dieses Jahr kĂŒrzertreten möchte. So wie jedes Jahr, wenn ich ehrlich bin. Doch gelungen ist mir das nie. Ich bin zu hungrig, nach Erlebnissen, Erfahrungen und neuem Wissen.  Ich bin getrieben, das Leben ist kurz und so gönne ich mir meine Erholung, an den Tagen wo mal nichts ansteht. Am liebsten Alleine, um mich von allem zu erholen.
Ruhige Phasen hat es zwar im Winter, doch die fiel das Jahr auch aus, durch die Leadership Weiterbildung, jeden Samstag, Dienstag war der Astrophysiklehrgang und Mittwoch hatte ich auch ein paar andere VortrĂ€ge in der Uni gebucht. Tja. Nun ist FrĂŒhling und es wĂ€re Zeit, mal wieder unter die Leute zu kommen â Pustekuchen! Und nun, nun muss ich es gestehen: Trommelwirbel: Es war eine gute Entscheidung wieder meine Social MediakanĂ€le zu aktivieren, wieder mit allen in Kontakt zu treten, die ich nun 1.5 Jahre nicht gehört habe. Sonntagabend zu Bebetta tanzen, die schon seit Jahren ein Set im Pijama aus ihrem Bett streamt, herrlich, einfach herrlich. Aber ich schweife nun ab, tut mir leid.
This will also change
Das ist ein Motto von einem meiner Lieblingsfestivals. Ihr mĂŒsst kein total verplantes Leben fĂŒhren, um nun auch zu merken, wie anders alles ist. Wie sehr wir uns an unseren Alltag gewöhnt haben, an unsere RealitĂ€t. Und die sieht fĂŒr jeden nun mal anders aus, ob uns das bewusst ist, oder nicht. Ich stehe vor ganz anderen Herausforderungen, als jemand der alleinerziehend ist, und trotz geschlossenen Schulen weiterarbeiten muss. Gesund bleiben ist meine grösste Sorge, wobei das ja bei jungen Menschen nicht zwangslĂ€ufig bedeutet, dass wir Corona nicht ĂŒberleben werden. Ich habe keine Geldsorgen, oder ExistenzĂ€ngste. Als Angestellte stehen mir Wege offen, wo ich mir finanzielle Hilfe holen kann, im Falle einer kompletten Schliessung der Kita.
Alles ist anders – fĂŒr alle
Doch wir alle stehen nun mitten in der verĂ€nderten Welt. Von jetzt auf gleich hat sich alles geĂ€ndert. Seit heute auch in Deutschland. Restaurants, Clubs, Cafes, usw., alles hat zu. Hier in der Schweiz gibt es die Notbetreuung in den Kitas und Horts und eine die eben arbeiten muss bin unter anderem ich. Wir mĂŒssen uns umstellen, flexibel sein, als wĂŒrde das Virus einigen nicht schon Angst genug machen, kommen jeden Tag VerĂ€nderungen dazu, ob wir wollen oder nicht. Wir sind gezwungen umzudenken, das macht Angst, und Angst verunsichert. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere.
Angst fĂŒhrt auch zu diesen panischen hamstern, von allen möglichen Sachen, ganz vorne mit dabei: Toilettenpapier! Was die Menschen damit machen, das bleibt wohl ihr Geheimnis. Dass ich und andere in den ersten Tagen nach der Arbeit nicht an dazu kamen Obst und GemĂŒse zu kaufen, weil alles weg war- geschenkt. Zum GlĂŒck hat sich das nun langsam normalisiert, und die PanikkĂ€ufe sind rĂŒcklĂ€ufig. Es könnte aber auch sein, dass die Menschen nun im Grosshandel einkaufen, weil der nun auch fĂŒr den Ottonormalverbraucher seine Tore geöffnet hat, um höchstwahrscheinlich noch irgendwie Umsatz zu generieren.
Und doch hat es nun was befreiendes, diese Zwangspause fĂŒr alle. «Wie an Weihnachten, nur eben mit Besinnung, da alles zu hat» lachten wir noch heute am KĂŒchentisch. Ja, genau so. Menschen auf der ganzen Welt mĂŒssen ihren alten Alltag hinter sich lassen, sich tĂ€glich neu orientieren und zurechtfinden in der neuen Welt. Diese Idee, dass man draussen was verpasst hat nun Pause. Das fĂ€ngt schon mit der Frage an, was man heute isst, wenn man es gewohnt war, tĂ€glich in der Kantine des Arbeitgebers zu speisen. Und was man kocht, wenn die gewĂŒnschten Zutaten nicht mehr im Laden erhĂ€ltlich sind.
Denn wir sind sehr verwöhnt. Alles zu Jederzeit ist nun aber vorbei. Was stellt man nun mit der Freizeit an, wenn man Zwangsbeurlaubt wurde? Vor allem: Was tun zuhause, wenn man sich nicht draussen mit x AktivitĂ€ten, Menschen oder KonsumgĂŒter von seiner Existenz ablenken darf? Es ist eine gute Zeit fĂŒr Einkehr, Hinterfragen, Sortieren und Ordnen. Von GegenstĂ€nden, Gedanken, ja manchmal auch das gesamte Leben. Andere bibbern um ihre Existenz, andere haben Angst um ihre Ă€lteren Verwandten oder andern Risikopatienten.
Drei Tage QuarantÀne so far
Also ich bin etwas traurig, dass ich morgen wieder in die Arbeit muss. Denn die drei Tage zuhause taten mir richtig gut. Nichts eilt mehr draussen, keine Termine, keine Verabredungen, so konnte ich mich den AktivitĂ€ten widmen, die ich liebe: Ausschlafen, kochen, Netflix bis tief in die Nacht, mit Freunden in Kontakt treten, BĂŒcher lesen. Heute habe ich meinen Kleiderschrank ausgemistet, Schuhe entsorgt, gekocht und wollte einen kleinen Spaziergang machen. Und es war spannend, was beim Gedanken daran passierte. FrĂŒher wollte ich einfach fĂŒr mich sein, beim Spazieren in der Natur, was natĂŒrlich ein Ding der Unmöglichkeit ist an einem Sonntag.
Heute habe ich ein schlechtes Gewissen bekommen, an den Gedanken hinauszugehen, obwohl ich sicher ganz alleine gewesen wĂ€re. Tja, so schnell Ă€ndert sich die eigene RealitĂ€t. Hab stattdessen gebĂŒgelt und dabei getanzt, ab und an hatte ich aber auch Tiefs und Angst, vor dem was noch auf uns zukommen könnte. Aber auch das darf Platz haben. Es ist normal Angst zu haben, diese Situation ist fĂŒr uns alle neu. Es ist ok auch zu weinen, verzweifelt zu sein. Vertraut euch aber jemanden an, sprecht darĂŒber.
Zu meinem Beitrag gestern möchte ich noch ergÀnzen: Wenn du alleine bist, ohne Familie oder in einer schwierigen Situation mit deinen Eltern und jemanden zum zuhören brauchst, darfst du mich gern via E-Mail, Messenger oder auf meinen KanÀlen kontaktieren! Bitte, keine Scheu und Scham. Wir sitzen im selben Boot.
Anzahl positiv getesteter ErkrankungsfÀlle
7014 Personen
Verstorben
60 Personen
Quelle: BAG
Wer es genauer wissen möchte, wie hoch die Zahl der Infizierten ist, oder die Zahl der Menschen die sich von Corona erholt haben, hier lang.