2020 – Ich mag dich nicht sonderlich, oder doch?

Na, wie geht es euch denn so, in Zeiten von Corona, Verschwörungstheorien a la Hildmann, den Streit um veraltete Begriffe und den BLM Movement? Ich muss zugeben, langsam ist die Luft bei mir draussen, und wir haben gerade mal so die Halbzeit geschafft. Das ich dieses Jahr noch keine wirkliche Auszeit hatte macht sich bemerkbar. Schreibblockade, dauernde innere Müdigkeit, Kopfschmerzen aus der Hölle und auch der Rücken macht zu schaffen. Vielleicht werde ich aber auch einfach nur alt und das sind nun die schleichenden Beschwerden einer Frau die langsam, aber sicher auf die 40 zugeht. Tja nun.

Eskapismus, ich vermisse dich, sehr!

Das Herzensprojekt läuft an, ich habe in ein paar Tagen offiziell Urlaub und kann es ehrlich gesagt kaum erwarten. Handy abschalten, den massiven Mental Load wegen der Arbeit in die Tonne kloppen und einfach nur das Leben geniessen. Denn in den letzten Wochen und Monaten habe ich wahrlich nichts anderes getan, als geschlafen, gegessen und gearbeitet. Private Kontakte wurden auf ein Minimum reduziert, und auch wenn Corona nicht wäre, mir fehlte einfach die Kraft, weil die Arbeit all meine Energie frass und ich einfach keine Muse mehr hatte nach der Arbeit etwas für mich zu tun, so wie ich das gewohnt bin.

Keine Reisen an Ostern, keine an Pfingsten, keine Wochenendtrips nach Paris oder Berlin – keine Fusion, und ja, ich weiss sehr wohl wie das klingt. Verwöhnt, es gibt andere Probleme, andere Z.B bangen um ihre Existenz. Aber das ist nun mal meine Realität, ich darf traurig sein.

Ich spüre aber auch eine innere Müdigkeit, aufgrund der ganzen Sachen, die im Moment laufen. Kaum ist etwas überstanden, kommt einem schon das nächste entgegen, dass man verkraften und verarbeiten muss.

BAM! BAM! Und nochmals BAM!

Als wäre also das alles schon nicht genug, kam 2020 mit einer weiteren massiven Überraschung um die Ecke und knallte sie mir vor die Füsse.

Ich habe von jetzt auf gleich zwei Neffen bekommen – Jawohl, ich bin nun die coole Tante, die ich schon immer sein wollte.  Als sich der Halbbruder meines Vaters meldete vor zwei Wochen und ich erfuhr, dass meine Cousine zwei Kinder hat, war ich klar erstmal überfordert und was weiss ich nicht alles. Es hiess immer sie würden keinen Kontakt wollen. Und so von jetzt auf gleich, hat man wieder einen Teil der Familie zurück, Erinnerungen, gemeinsame Verwandte, alles nur ein paar Stunden entfernt.

Ganz ehrlich?

Ich hatte mich so an das Alleinsein gewöhnt, dass es sich auch jetzt noch komisch und fremd anfühlt. Plötzlich tauchten da Bilder auf, von mir als Kind, von meinen Eltern in ihrer Jugend, bei ihrer Hochzeit, auf Feiern, Videos von meinen ganzen Verwandten, die meisten davon schon lange tot. Ich war noch nie so froh Bilder aus meiner Vergangenheit zu sehen und noch nie so traurig und wütend zugleich.

Wie man nach aussen so glücklich aussehen kann, so zufrieden, die perfekte Familie und hinter den Kulissen war Gewalt, Lügen und Intrigen, schlimmer als in einem Drehbuch von «Gute Zeiten, Schlechte Zeiten»! Für einen kurzen Augenblick kaufte ich ihnen das Theater sogar ab, bis man mich daran erinnern musste, dass das alles was dort auf den Bildern zu sehen ist eine Show war.

Hauptsache der Schein ist gewahrt

Ich merke wieder, wie meine Verachtung steigt, auf Menschen, die scheinheilig die heile Familienwelt nach aussen vorspielen nur um sich keine Blösse zu geben. Die ihren Kindern einbläuen, dass «alles unter uns bleiben muss, es geht niemanden was an, was hinter verschlossener Türe abgeht!» Nur um zum Schluss verstörte Kinder und zerstörte Seelen zu hinterlassen, anstatt das unausweichliche zu tun: Sich zu trennen. Niemanden ist geholfen, wenn die Eltern Tag und Nacht Konflikte austragen und auf biegen und brechen zusammenbleiben, während alle darunter leiden, vor allem sie selbst!

Alle sahen so glücklich aus, auf den Feiern, beim Standesamt, beim Fotografen, so unfassbar fucking glücklich. Diese Scheinheilige Fassade aufrecht erhalten konnten sie gut. Sehr gut sogar, ich hätte selber fast vergessen, den ganzen Horror, das ganze Ausmass des Dramas, das andere liebevoll Kindheit nennen.  Als hätte Corona, der Verzicht auf alles was mir Spass macht und die massiven Einschränkungen nicht gereicht, um mir und uns allen das Leben schwer zu machen, kam nun ein massiver Flashback zurück, der mich fast zwei Wochen aus den Schuhen haute. Die Welt blieb deswegen aber nicht stehen, ich musste funktionieren. Nächte, in denen ich nur ein paar Stunden schlief waren an der Tagesordnung, Tagsüber die Arbeit in der Kita. PMS das mich fast über zwei Wochen plagte, mit allem was es so zu bieten hat.

Es ist doch sooo wunderbar eine Frau zu sein, besonders an Tagen wie diesen. Zyklus, du bist ein Monster! Ein Monster, dass auf seelischen Stress mit noch mehr Symptomen, intensiveren Symptomen vorbeikommt. Danke für nichts! Und klar, immer wenn man am verletzlichsten ist, kommt noch was oben drauf, und noch eins und noch eins. Sagen wir mal ganz vorsichtig: Ich ziehe in solchen Situationen schnell die Notbremse. Selfcare first, everything else…gaaaaaaanz weit hinten.

Reise in die Vergangenheit

Ich erfuhr Dinge, unfassbare Dinge, wirklich traurige Geschichten, die alles noch viel schlimmer für mich machten, als bisher. Aber dazu ein anderes Mal, ich muss da erstmal näher nachforschen und nachfragen. Immerhin habe ich nun eine Verbindung, um meinen Vater kennenzulernen, bevor die Schizophrenie und der Alkoholismus sein Leben und das unserer gesamten Familie auf den Kopf stellte. Und weil Corona noch tobt, bleibt mir nur die Verbindung über das Internet. Oh, wie dankbar ich bin in den letzten Monaten für das Internet, mehr als auch schon.

Passt auf euch auf und bleibt gesund! Und drückt mir die Daumen, dass mein Corona Test negativ ist. Jaja, das Jahr lässt hier wahrlich nichts aus.

Der fremde Vater

Du mochtest Bruce Lee Filme, Western, Filme mit Bud Spencer und Terrence Hill, oder mit Louis de Funes. Du hattest oft Bonnie Tyler und David Bowie, gehört, hast viel getrunken und viel geraucht.  Du hattest gern Schnitzel mit Pommes, Bohnen und Pilze.

Im Wald warst du gern, auch oft mit mir, Pilze sammeln. Im Freibad warst du auch oft, bist gern Fahrrad gefahren und hast viel geschlafen. Du hast sogar mal im Hochbett meines Bruders geschlafen, als es damals ganz neu war. Wie ein grosses Kind hast du ausgesehen und in diesem Augenblick begriff ich, dass du  innerlich ein kleiner Junge warst. Gefangen in dem Körper eines erwachsenen Mannes. Ich war ungefähr 12 Jahre alt.

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Kindheitsträume – Mein Leben ohne Kindheit

Die Termine mit dem WDR  und dem SRF rücken immer näher und ich habe mir die letzten Tage viele Gedanken gemacht über meine Kindheit. Viele Bilder und Emotionen wurden wieder sehr lebendig. Gute und weniger gute Erinnerungen kamen wieder ans Licht, Sachen die lange vergessen schienen. Darauf hin entdeckte ich einen ganz tollen Blog, der sich mit Kindheitsträumen beschäftigt. Und so fing ich an, über meine Träume als Kind zu sinnieren. Heute, möchte ich sie mit euch teilen, denn jeder Kindheitstraum ist anders. Ähneln sich Kindheitsträume? Was hattet ihr für Träume? Und sind sie in Erfüllung gegangen? Was für Träume haben Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen?

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