„In schlechten Zeiten fing mich Graffiti auf

Heute geht es weiter mit der neuen Rubrik: „Paula fragt nach

Heute habe ich Fabian aka HURK ein paar Fragen zu seiner Leidenschaft gesellt: Grafitti sprühen. *Hurk sprüht mittlerweile nur noch legal, an dafür erlaubten Orten. Teilweise auch mit dem Segen der Stadt.

Wann hast du deine Liebe zu Graffiti entdeckt?

In Kontakt kam ich mit Graffiti 1995, ich begann 1994 mit Snakeboarden und stieg 1995 auf Skateboarding um. Zu der damaligen Zeit diente eine Grosszahl an Skateparks (ASN Pfeil – Omega Erlangen und weitere) als Hall of Fame und so konnte ich die ersten Sprüher live dabei beobachten. Maler wie Town, Faser, Plax bombten unter dem Namen NBG reihenweise Trains mit denen ich unter anderem nach dem Skaten wieder nach Hause fuhr. War das Wetter zu schlecht oder kalt zum Skaten hingen wir am Bahnhof ab und spotteten Trains von besagten.  

Eins der ersten Graffitis von Hurk

Was gibt dir das Malen?

Sehr viel, sonst würde ich es nicht seit über 20 Jahren machen. Es ist einfach alles in einem, auf der einen Seite hast du den Kick, auf der anderen musst du unter den schlechtesten Bedingungen (dunkel, wenig Zeit, Anspannung, Druck, Paranoia) was Gutes und qualitativ hochwertiges leisten. Ich lese Städte wie ein Buch. Fahre ich S-Bahn in Hamburg, nehme ich die Umwelt einfach komplett anders auf als ein normaler Mensch. Man sieht, wer mit wem was zu tun hat, wer wen nicht mag und wer wen meidet. 

In schlechten Zeiten fing mich Graffiti auf. Es dient mir als Therapie, eine Art Meditation. Nur der Stift, das Papier und ich, na ja und ein guter Beat darf auch nicht fehlen (Boom Bap an die Macht!)

Wie kamst du zu deinem Namen Hurk, bzw. HurkOne?

Ich suchte einen Namen, der gut klingt und so kam ich anfangs auf HULK, Hulk wie der Superheld mit den dicken Armen, hehe. Da ich aber mit dem L in der Mitte total überfordert war, musste ich mir was überlegen. Meine Styles sind immer schon sehr kompakt und da konnte ich ein L im Namen nicht gebrauchen. Der untere Schwung vom L reißt immer zwangsläufig ein Loch in deinen Style. Klar heute kompensiere ich sowas mit einem Stern oder Pfeil, doch damals war es ein NoGo für mich. Zudem gab es einen Hulk in Berlin, was bei dem einfallslosen Namen kein Wunder ist. Vergeben Namen malt man nicht, so haben wir das damals gelernt. 

So wurde dann ein Hurk draus, da R und K sehr identisch sind, lag mir die Kombination an Letter ganz gut.

Was bedeutet Streetart für dich?

Hören die Leute immer sehr ungerne, ist aber für mich kein Graffiti und wird dies auch nie sein. Ja es hat seine Daseinsberechtigung, interessiert mich persönlich aber kein bisschen. Wenn ich in einer dreckigen Ecke ein schönes silberner Bild sehe, blüht mein Herz auf. Das ist ruff, dreckig, verboten und gegen jegliche Regeln. Das ist Graffiti. Klebeband und Schablone wird da nie hinkommen. Trotzdem lieben Gruss an alle Streetart Künstler  

„Ruhm“ – eins der neueren Werke von Hurk

Immer wieder sieht man an deinen Graffitis „Free Thor“ Was ist damit gemeint?

Free Thor steht für meinen Blutsbruder Thor der, seit August 2016 inhaftiert ist. Als Tribut und Zeichen das wir hinter ihm stehen wird an jedes Bild Free Thor geschrieben. Wir sprühen Graffiti seit ca 2009 zusammen. Ich hab ihn in der JVA Nürnberg besuchen wollen, wurde aber nicht reingelassen, die wissen schon wer ich bin  

Zumal ich da sehr ungern rein geh, es kommen alte Erinnerungen an meine Inhaftierung hoch, auch wenn die nicht lang war.

„Hall of Fame“

Hat sich die Szene verändert, seit dem du angefangen hast?

Ja hat sie leider. Früher musstest du z.B. für ein Graffitimagazin, überspitzt gesagt, eine Weltreise aufnehmen, heute bekommst du alles auf sozialen Plattformen oder im Netz. Auch muss ich zugeben, setzt sich der kleinste Teil zu 100% damit auseinander. Viele Sprühen weil es ja zur Zeit „In“ ist! 

Man merkt auch, das früher einfach mehr Muse drin steckte, alte Bilder von Can2, Daim, Won und Co sind um Welten besser als das heutige Zeug, wenn man sich mal überlegt, was die Jungs damals für Dosen und Caps hatten…..

Im Grossen und Ganzen geht mir die Szene auch am Popo vorbei, ich hab eine Handvoll Sprayer, mit denen ich gut klar komme und gerne sprühe, der Rest ist mir Latte. Diese Einstellung bekommt man früher oder später zwangsläufig. Sprayer sind Egoistin von Natur aus, es ist schwer,mit ihnen klar zu kommen. Man wurde auch beklaut und belogen, ganz normal in dieser Szene. 

Gibt es sowas wie Revierkämpfe? Rivalität untereinander, oder sind die meisten Buddys?

Niemals wird man Buddys. Dafür gibt es einfach zu viele Opfer im Game. Im illegalen Graffiti ist es noch 100-mal schlimmer. Im falschen Yard gemalt und du bekommst ein Messer ab. Gerade in Berlin ist es extrem, eine Reihe von sehr gewalttätigen Sprühern ist auf dem Vormarsch. Man verbindet sich mit den Hooligans. Win-win Situation für beide Seiten. Die Sprüher bekommen Schutz von 100 brutalen Schlägern und die Writer pushen den Namen des Vereins. Siehe BDA Nürnberg (Banda da Amici) , anbei Gruss an die Jungs!

Wie erklärst du dir die wenigen Frauen die Graffiti / Streetart machen? Ich kenne ja nur Barbara und die Mädels von KCBR. Ist es eine männerdominierte Domäne?

Zu Streetart kann ich nichts sagen, im Graffiti gibt es schon ein paar. Eine aus Hamburg (deren Alias ich aus Schutz nicht nennen will) die mich sehr aus den Socken haut, da sie schon seit Jahren richtig gute Trains malt und in Hamburg ist Trainwriting alles andere als leicht. 

Dann gibt es noch MadC und Hera. Hübsche Frauen sind das, die auch super gut malen können. 

Aber um auf deine Frage zurückzukommen, ja Graffiti ist zu 95% eine Männerwelt. Es geht, gerade im illegalen, darum wer die dicksten Eier hat, haha.

Was gibst du so im Monat für dein Hobby aus?

Schwer zu sagen. Im Sommer mehr als im Winter. Würde so 200 bis 300 Euro sagen. Variiert stark.

Früher hab ich noch viel mit Copics gezeichnet, ziemlich teure Stifte, was stark ins Geld ging. Mittlerweile hab ich das alles auf ins Digitale umgewandelt, man hat einfach mehr Möglichkeiten

Du bist ja verheiratet und hast ein Kind, wie stehen die zwei zu all dem?

Meine Frau hat mich so kennen gelernt und steht da voll und ganz hinter mir. Was mein Kind betrifft, sie liebt es, ebenfalls zu malen, liegt in der Familie.

„Papa, malen!“

Warum meinst du, hat die Gesellschaft so ein schlechtes Bild von Graffiti?

Sind zum Grossteil die Medien dran schuld, mit ihren zu 90% negativen Berichten. Ich muss aber zugeben, dass die Resonanz mittlerweile sehr positiv ist. Vor 15 Jahren wurde man beim Malen, noch schrägt angeschaut, denk das liegt auch am Generationswechsel. Wie gesagt, die meisten Passanten reagieren sehr positiv auf Graffiti, wir malen ja auch schöne Wände ☺

Nur die immer wiederkehrenden Fragen nerven ein bisschen. Seit knapp 20 Jahren beantworte ich sie. „Was kostet eine Dose?“ „Bekommt ihr dafür Geld?“ „Was steht da?“ usw….

„Hallo of Fame“

Was würdest du dir in Zukunft für Streetart /Graffiti wünschen?

Ganz ehrlich? Nichts! Ich sprühe für mich, es erfüllt mich und ist das, was ich in meiner Freizeit einfach super gerne mache. Wer es nicht mag, soll wegschauen. Es ist einfach schön mit seinen Leuten an einem warmen Sommertag zu sprühen. Musik zu hören, zu grillen und zu quatschen. Das ist mittlerweile die grösste Motivation ☺ Und wenn sich jemand an unseren Bildern erfreut ist das noch besser.

HurkOne & Co setzen sich auch für gute Zwecke ein

Der Erlös dieser Aktion geht an ein krebskrankes Kind, denn man kann auch auf anderen Dingen malen, nicht nur auf Wände und Züge

HurkOne findet ihr auf YOUTUBE oder  auf Instagram

Mich interessiert deine Sichtweise zum Thema!

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.