Was ist, wenn wir nicht mehr sind?

Der Tod ist etwas, über das wir uns am liebsten keine Gedanken machen, obwohl er für jeden von uns sicher ist, eines Tages. Wenn man jung ist, schiebt man es vor sich hin, denn der Tod, das ist etwas, dass nur alte Menschen trifft. Meint man zumindest. Der Tod aber kennt kein Alter, er kommt, wenn er kommt und meistens ohne eine Vorwarnung. Viele haben sich bereits vielleicht Gedanken gemacht, ob sie eher begraben werden möchten, oder verbrannt, andere haben vielleicht schon das Testament aufgesetzt oder eine Patientenverfügung erstellt.

Was den freiwilligen Tod betrifft: Ich sehe in ihm weder eine Sünde noch eine Feigheit. Aber ich halte den Gedanken, dass dieser Ausweg uns offen steht, für eine gute Hilfe im Bestehen des Lebens und all seiner Bedrängnisse. 

Hermann Hesse

Digitale Trauer

Ich weiss nicht wie es euch ergangen ist, ob ihr schon die ersten Verluste erlitten habt und ob ihr euch überhaupt Gedanken gemacht habt um das Thema. Ich kann hier nur für mich sprechen, mit meinen 33 Jahren. Und ich habe bereits schon einige verloren. Freunde, Bekannte, Verwandte. Bevor es das Internet gab, sah man all die Leute die der Verstorbene kannte im besten Falle an der Beerdigung und konnte sich beim Leichenschmaus anschliessend mit Hinterbliebenen unterhalten und Geschichten aus dem Leben des Verstorbenen erzählen. Danach sah man sich kaum noch, wenn man sich nicht schon vorher kannte.

Heutzutage gibt es das Internet – Trauer und Austausch findet nun auch online statt

Der letzte dramatische Verlust war ein Bekannter aus Ibiza vor 7 Jahren. Er warf sich in London, wo er zu Besuch war vor die U-Bahn. Zwar war er schön älter, aber es war trotzdem zu früh. Er hatte zu Lebzeiten eine Gruppe gegründet für seine Partys zu Promotion zwecken, die nach seinem Tod eine Begegnungsstätte für alle Menschen die ihn kannten wurde.

Unglaublich wie die Menschen zusammenkamen um sein Erbe in Ehren zu halten. Man sah Bilder, las Geschichten, konnte mitverfolgen wie andere ihn vermissten. Man lernte ihn nochmal aus den verschiedenen Perspektiven einzelner kennen. An seinem Geburtstag, an Weihnachten und an jenen Tagen, wo sein Verlust besonders bitter war, kam man dort zusammen. Man musste an keinen Ort pilgern, zum Grab um ihm nahe zu sein, doch man spendete sich gegenseitig Trost, online. Denn Trauer um einen geliebten Menschen verbindet selbst fremde, über Kontinente. Die Erinnerungen an ihn wurden so über die ganzen Jahre lebendig gehalten.

Warum schreibe ich heute diesen Beitrag überhaupt?

Wir alle leben, als würde Morgen sicher eintreten, als hätten wir eine Garantie auf nächste Woche, oder das nächste Jahr. Als wäre der Tod etwas, dass uns in jungen Jahren nicht betrifft. Wir schieben wichtige Entscheidungen vor uns hin, in dem Glauben, wir würden alt werden. Früh, sterben schliesslich nur andere. Doch das ist ein Trugschluss. Der jüngste den ich kannte, er starb mit nur 12 Jahren.

Ich möchte Menschen sensibilisieren mit meinem Beitrag (der einer von vielen ist im Rahmen der Aktion #diginastory die Sabine und Dennis ins Leben gerufen haben zusätzlich zum Barcamp und der Konferenz., )ohne Angst, sich mit dem Thema Tod auseinander zu setzen. Um es auch den Hinterbliebenen einfacher zu machen. Denn man selbst, ist ja tot, man selbst steht dann nicht mehr vor ungelösten Fragen zusätzlich zu dem Verlust, der schon schmerzhaft genug ist. Es sind unsere Familien, unsere Freunde, unsere Partner oder Kinder, die neben der Trauer nur erahnen können was wir wollten, wenn wir es zu Lebzeiten nicht klar formulieren. Sei es, was mit unserem Körper passieren soll, unserem weltlichen Nachlass oder eben unserem digitalen Nachlass. Bei Facebook kann man nun seinen Nachlassverwalter bestimmen. Ein Schritt in die richtige Richtung, wie ich finde.

Es fängt bereits im kleinen an, zuhause. Sprecht miteinander. So lange es noch möglich ist.

Das Tabu Thema Tod, kann man nur enttabuisieren in dem man darüber spricht. Vor ein paar Tagen war ich z.B erst auf einem Barcamp zum Thema „Digitaler Nachlass“, hier gibt es die Zusammenfassung des Tages und auch das Nachwort.  

3 Gedanken zu „Was ist, wenn wir nicht mehr sind?“

  1. Hallo Paula,
    es ist schon bezeichnend, dass gar kein Kommentar hier erscheint! Ist echt ein schwieriges Thema,- welches aber doch uns ALLE betrifft!
    Tatsächlich habe ich in meiner Familie schon darüber gesprochen wie ich es gerne hätte nach meinem Tod. Uns sogar mein gerade erwachsender Sohn hat schon genaue Vorstellungen geäußert. Trotzdem finde ich, dass die letzte Entscheidung bei den Hinterbliebenen liegt, denn die müssen mit der Trauer weiterleben!
    Ich muss gestehen, dass ich bisher nur einen Organspendeausweis besitze und ich der Sterbehilfe positiv gegenüber stehe. Zu einer Patientenverfügung konnte ich mich noch nicht aufraffen…ist eben kein leichtes Thema!
    Ich danke dir für deinen Denkanstoß!
    Und ich wünsche dir eine besinnliche, aber auch fröhliche Herbst- und Vorweihnachtszeit.

    1. Liebe Christine

      Ja, bei dem Thema herrscht allgemein grosses Schweigen, da bin ich den Menschen auch nicht böse.

      Man kann die Leute nur darauf hinweisen, denn entscheiden muss es ja dann jeder für sich selber. Die letze Entscheidung was mit mir passiert finde ich, nichtsdestotrotz, sollte mir zustehen. Meine Hinterbliebenen werden explizit nichts entscheiden dürfen, was ich nicht wollte zu Lebzeiten. Aber auch das muss jeder selber wissen, wie er das regelt.

      Danke dir für deinen mutigen Kommentar!

      Merci, das wünsche ich dir und deinen lieben auch =)

  2. Wer nicht so lebt, als ginge es mit dem eigenen Leben ewig weiter, verliert früher oder später die Kraft zum Leben. Das ist kein Problem, wenn man jung genug ist. Mit zunehmendem Alter kommt aber bei vielen ein Zeitpunkt, wo man plötzlich realisiert, dass man allein aus Mangel an Kraft nicht immer so weiter machen kann wie bisher, dass man schon allein deshalb nicht mehr dieselben Pläne machen kann.
    Vom Sterben selbst wird man nichts mitbekommen, ebenso wenig wie man etwas vom Einschlafen bemerkt. Von ungefähr kommt der Tod aber nicht, er kündigt sich an und die meisten, die ich gekannt habe, haben es ihren Mitmenschen auf irgend eine Weise mitgeteilt.

    Patientenverfügungen sind nach meiner Erfahrung wirkungslos, da es den Krankenhäusern nur ums Geschäft geht, und gerade die letzten Tage eines Menschen sind extrem lukrativ.

    Als ich vor ein paar Jahren sehr krank war, habe ich festgelegt, dass niemals ein Krankenwagen gerufen wird. Ich hoffe, es halten sich alle daran. So haben wir es aber in der Generation vor uns auch schon gehandhabt.

    Ich war seit fast 30 Jahren nicht mehr bei einem Arzt (außer Zahnarzt natürlich). Wenn mein Leben vorbei sein möchte, soll es so sein.

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