Vom Eurovision Song Contest, Diversität & schlechten Verlierern

Ja, ich muss ja gestehen: Ich habe gestern den Eurovision Song Contest angeschaut. Es war mein erstes mal und ich war ein wenig enttäuscht. Diversität wollte man feiern. Bis auf eine Handvoll Länder sagen aber alle einen Einheitsbrei in englischer Sprache. Die Damen waren fein rausgeputzt, der Auftritt durchgestylt bis ins letzte Detail. Individualität? Fehlanzeige!

Der Pfarrer am Anfang mit dem Wort zum Sonntag und das Russland bashing im ARD wirkten ausserdem auf mich deplatziert. Dann ging es los – und bis auf Belarus, Ungarn, Rumänien und Moldavien war alles ein und dasselbe. Schade. Es hat so viele tolle, unglaublich wohlklingende Sprachen..und dann singen fast alle auf Englisch. Für Ungarn trat ein Roma auf, das fand ich auch sehr beeindruckend! Spanien hingegen war richtig, richtig daneben. Sie verschenkten so ein grosses Potenzial…das war wirklich erschreckend. Von Deutschland sage ich mal lieber auch nichts. Na gut, ein wenig: Uninspiriert, ohne Ecken und Kanten, ohne Seele und Ausstrahlung.

Herausgestochen durch Unscheinbarkeit

Ja, und dann betrat er die Bühne: Salvador Sobral. Out of bed Frisur, feine, zerbrechliche Statur. Als er vor das Mikrophon trat, sah er aus wie Tom Hanks in dem Film „Big“, als er am Schluss wieder zum kleinen Jungen wurde. Ein kleiner Junge in einem viel zu grossem Sakko, für alle die den Film nicht kennen. Es wurde unheimlich still im Publikum und er trug seinen Song so magisch und so wundervoll vor, dass ich Gänsehaut bekam, obwohl ich den Text nicht verstand. Klar, seine Hände haben mich auch irritiert, aber das machte ihn auch einzigartig.

Ich hatte also meine Favoriten und wartete gespannt auf das Ergebnis. Mein Mitbewohner, der Musiker ist, war auch für Portugal oder den Damen aus den Niederlanden. Stimmlich auf jeden Fall Top! Der Auftritt an sich leider auch wieder so 08/15. Endlich war es dann soweit. Ich freute mich sehr. Er, der dem ganzen Zirkus strotze mit seinem einfachen Auftritt ohne viel Schischi. Und was er dann zum Schluss sagte, nachdem er gewonnen hatte,  brachte es auf den Punkt. „Musik, muss ein Gefühl transportieren!“ Er hatte das eindeutig für mich und andere geschafft. Obrigado!

 

Das Gejammer ist gross

Wie gross war heute bzw. bereits gestern Nacht das Gejammer. „Zu langweilig!“ „So ein rumgeheule!“ und so weiter und so fort. Grosse Zeitungen stürzten sich heute alle auf den Künstler, sprachen ihm sein Talent ab, und gaben sich wie kleine Kinder die trotzig nicht akzeptieren können verloren zu haben. Allen voran die deutschen Medien. Von den Kommentaren der Mitmenschen die sich im Netz tummeln fangen wir mal lieber nicht an. Alle wurden, wie jedes Jahr zu Musikexperten. Tja ihr lieben, diesmal wurde Deutschland nicht mal „Gewinner der Herzen“ oder was ihr euch sonst noch so einfallen lasst, weil ihr einfach schlechte Verlierer seid. Und sorry, Deutschland war einfach überhaupt nicht gut.

Geschmack ist verschieden

Klar, über Geschmack lässt sich streiten. Viele fanden auch Belgien mit „Blanche“ gut. Der Song war ok, die Dame bekam aber weder ihre Zähne beim singen auseinander, noch wirkte sie besonders glücklich auf der Bühne zu sein. Eher so, als würde man sie mit der Pistole von hinten bedrohen, wenn sie nicht sänge. Ihr deswegen ihr Talent abzusprechen, würde ich nie wagen, ich kann nur das schreiben was den Tatsachen entspricht. Leider haben viele Länder einfach nur schöne Frauen in den Wettbewerb geschickt die alle irgendwie das gleiche performt haben. Da kam kein Gefühl, keine Emotion rüber, es war alles durch inszeniert.

Was will ich überhaupt sagen mit dem ganzen Beitrag?

Die Menschen wollen immer etwas sensationelles, aufregendes! Am besten aber, ja nichts, was anders ist, als das was sie bisher kennengelernt haben. Diversität schreibt man sich auf die Flagge, aber verurteilt im gleichen Atemzug, alles was sich von der Masse abhebt. Jeder möchte angenommen, akzeptiert werden für das was er ist. Aber viele bekommen es nicht gebacken auch den anderen die Daseinsberechtigung einzugestehen.

 

Schönen Sonntag ihr lieben! <3

Ich gehe nun weiter sein grandioses Album anhören, während es draussen gewittert.

Mich interessiert deine Sichtweise zum Thema!

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