Verliebt, verlobt, verheiratet?

Verliebt sein, wir kennen alle das Gefühl! Ich persönlich habe ein zwiespältiges Verhältnis zu dem heftigen Hormoncocktail. Denn einerseits geniesse ich die Schmetterlinge im Bauch sehr (Adrenalin) andererseits ist es auch mein Kryptonit.

Ich werde unzurechnungsfähig, kann mich schlecht konzentrieren (wurde mal fast von einer Tram angefahren deswegen)  und meine Gedanken kreisen manisch um die betroffene Person. Verliebt sein ist wie ein heftiger Sturm im Gehirn und es werden die gleichen Gehirnareale aktiviert, die auch bei einem richtig heftigen Drogenrausch aktiv sind. Nur, dass der Drogenrausch nicht über Wochen, Monate oder gar Jahre anhält. Der Mensch ist also wortwörtlich nicht er selbst. Man schmachtet, wie ein Zombie, nach frischem Gehirn. Aber…ich schreibe auch herrliche, kitschige Gedichte, wenn ich verliebt bin und höre schnulzige Lieder. Nun ja, ihr kennt das sicher.

Liebe macht eben nicht blind!

Man sagt Liebe machen blind. Nääääää! Liebe lässt uns Dinge sehen, die nicht da sind oder nicht in dem Mass, wie wir uns das zusammen phantasieren. Wir idealisieren den von uns geliebten Menschen, bis zur Unkenntlichkeit und dann, wenn der ganze Sturm des Verliebtseins nachlässt sind wir enttäuscht, dass der Mensch den wir so heiss und innig „vergöttert“ haben, nicht der zu sein scheint, für den wir ihn hielten.

Verliebt, verlobt, verheiratet?

Gerade wir Frauen neigen dazu, wenn es mal zu ein paar Dates kommt und wir dem anderen schon näher gekommen sind, im Kopf schon die nächsten Szenarien auszumalen. Wenn er es denn überhaupt in die Dating Area geschafft hat. Denn für viele ist der Beruf, das gesellschaftliche Ansehen inklusive dem Vermögen noch ein wichtiger Faktor. Hast du als Mann nichts davon zu bieten, bist du schon draussen und landest, wenn du Glück hast in der „Friendszone“, für immer.

Also, wenn es dann zum Dating kommt, man sich näher gekommen ist, flüchten manche Frauen schon mit ihren Gedanken und Hoffnungen in die Zukunft, statt die Gegenwart zu geniessen. Nicht selten, haut das die Männer in die Flucht. Weil sie die Bedürftigkeit spüren und wohl auch, weil die Erwartungshaltung manche Zeitgenossinnen sehr hoch ist, von Anfang an, statt den Zauber des Anfangs zu geniessen und entspannt zu sehen wohin das führt. Und muss verliebt sein immer wohin führen? Ist dieses unglaubliche Gefühl, voller Rauheit, Unbändigkeit mit ihrer unvorhersehbarkeit nicht schon Geschenk genug?

Männer sind kein bisschen besser

Aber auch Männer neigen zu so einem Verhalten. Ich hatte auch mal eine Bekanntschaft, die nach 3. Dates bereits Kind, Heirat und weiteres diskutieren wollte. Obwohl er meine Einstellung kannte zu alle dem. Ich muss nicht erwähnen, dass wir uns danach nicht mehr sahen. 9 oder 10 Monate später wurde er aber Vater. Es war also ziemlich egal, welche Frau sich auf ihn einliess, er wollte einfach Vater werden, um jeden Preis.

Klar, sag niemals nie, aber du musst schon ein sehr eigenständiger, selbstbewusster, freiheitsliebender und starker Mensch mit Charakter sein, damit ich mir mal eine „Zukunft“ mit dir vorstellen kann. Und diese Art von Mensch scheint irgendwie Mangelware zu sein. Alle wollen den andern besitzen, ihn einengen, Versprechen und Treueschwüre, auf „immer und ewig“ hören, Versprechen und Schwüre, die niemand wirklich einlösen kann.

Kein „Glück“ mit Männern

An meinem Geburtstag, zu späterer Stunde sagte ein guter Bekannter zu mir: „Ja, Annie, du hast halt nie Glück gehabt bei Männern!“  (Info: Meine Freunde nennen mich Annie, von Andrea.) So, also, ich hatte nie Glück gehabt bei Männern. Sehe ich anders. Denn ich definiere Glück nicht so wie die Gesellschaft es anscheinend erwartet. Glück beim anderen Geschlecht, würde, laut gesellschaftlicher Definition, bedeuten: Eine lange Beziehung die in der Ehe mündet, mit Haus, Kind, Hund und Kegel.

Das alles war aber nie mein Ziel. Auch hat man mir mal gesagt: „So wie du bist, wird dich keiner heiraten und du wirst nie Kinder haben!“ Als wäre ein selbst bestimmtes, unabhängiges Leben eine Strafe. Lach! Ich war verlobt. Auch hielt man bereits zwei weitere mal um meine Hand an. Wie wir nun wissen, bin ich heute immer noch nicht verheiratet oder habe Kinder.

WEIL ICH DAS SO WILL!

Ja ja, ausserdem bin ich ja so gestraft mit meinem freien Leben ohne Kind und Ehe, ehrlich, das ganze Reisen und ausschlafen und tun was auch immer ich will, jederzeit, Sorgenfrei…Ich weiss gar nicht wohin mit mir so „unglücklich“ wie ich bin. Menschen assoziieren das Singledasein mit Langweile und Leere und Einsamkeit. Dabei sind so viele Menschen gerade in Ehen und Beziehungen einsam und gelangweilt. Nur, wer würde das schon offen zugeben?

 

Ich war glücklich – zu der Zeit

Ich habe im Augenblick gelebt. Ich habe Männer geliebt, die jünger waren, älter, anders. Männer die im ersten Augenblick nichts mit mir gemeinsam hatten, die mich aber zu dem Augenblick sehr glücklich gemacht haben. Da waren, wenn ich sie gebraucht hatte, in einem gewissen Rahmen. Mit mir Schritt hielten eine Zeit lang. Männer die mir ähnlich waren, oder es vorgaben zu sein.

Ich hatte, bis auf einmal (die Zeit in der ich verlobt war)  auch nie wirklich Zukunftspläne wie zusammenziehen und all der gleichen. Das habe ich auch immer klar und deutlich kommuniziert. Ja, Frauen wissen sehr wohl was sie wollen. Ich weiss vor allem, was ich nicht will. Man hatte mir nicht immer geglaubt. Wie gross war dann die Enttäuschung, als es nicht „weiter“ ging.

Frauen wollen doch immer Beständigkeit, eine sichere Beziehung, etwas aufbauen, oder? Ich persönlich finde, es gibt keine Sicherheit, keine Garantie, auch wenn man zusammen eine Zukunft plant oder sich gemeinsam etwas aufbauen will. Man kann auch glücklich sein, ohne zusammen zu leben oder ein Kind in die Welt zu setzen. Doch muss ja jeder für sich entscheiden was ihn glücklich macht. Mich macht es glücklich, jedes Gefühl auszuleben, ob es dann eine Zukunft hat, oder was daraus wird, spielt eine untergeordnete Rolle. Das Gefühl, diese Emotionen die es freisetzt, die Verbundenheit die man spürt, das ist mir Geschenk genug. Das ich gedenke, auch in Zukunft das Gefühl voll auskosten, ohne mich bereits mit dem Geliebten in die Zukunft zu phantasieren um so die Gegenwart zu verpassen. Viele rieten mir auch, die Hoffnung nicht verlieren. Moment mal, die Hoffnung?

 

Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.

Vaclav Havel

 

Und ist nicht der Sinn des Lebens glücklich zu sein?

 

9 Gedanken zu „Verliebt, verlobt, verheiratet?“

  1. Hallo Annie,

    dein Text ist herrlich und ich finde mich da ehrlich gesagt auch ein bisschen wieder. Wobei ich sagen muss, wenn man einen Mann kennenlernt und diesen toll findet, denke ich auch manchmal schon ein paar Jahre weiter. 😀 Aber ich habe auch gelernt, dass man nichts überstürzen sollte. Und wenn du ohne Männer gut leben kannst und damit glücklich bist, dann ist es auch gut so! 🙂 Und immerhin kamen ein paar Heiratsanträge. 😉 Kann auch nicht jede Frau von sich behaupten! 🙂 Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.
    Liebe Grüße

    1. Hallo Marie!

      Wer sagt denn, dass ich ohne Männer lebe? Ich lebe einfach ohne monogame Beziehung. 😉 Das ist schon ein gewaltiger Unterschied..

      Danke, das wünsche ich Dir auch =)

      Liebe Grüsse!

  2. Toller Artikel! Ich denke, das was du bechreibst ist (malwieder) so ein gesellschaftliches Problem.. Von klein auf sieht man „glückliche“ Bezihungen in Filmen, Fernsehen, Magazinen und Werbungen. Überall dort wird gezeigt, wie eine solche glückliche Beziehung abläuft… Mit Heirat, Haus und Kind. Mit all den Ansprüchen und so weiter. Daher werden die Ansprüche der Männer und Frauen heutzutage immer höher und unrealistischer und sorgen andererseits dafür, dass man vergisst den Augenblick zu genießen… Sehr toller Artikel! 🙂
    LG scarlet

  3. „Die Männer“, „die Frauen“ und diverse „klassische“ Rollenzuschreibungen.
    Wie wärs mit weniger Vaclav Havel und mehr Luce Irigaray oder Michel Foucault? Vielleicht wär das ja sogar der Weg zu (noch) mehr Reflektion vor dem Publzieren…

    1. Liebe Maria

      Ich schreibe sehr reflektiert vor meinen Publikationen über meine eigenen Erfahrungen. Wenn sich das leider mit diversen klassischen Rollenzuschreibungen decken sollte, so ist das dann eben so.

      Und ich zitiere das, was ich mag, nicht was meine Leser mir vorschreiben, bei allem Respekt.

      Alles Gute liebe Maria!

      1. liebe paula

        ich als leserin schreibe dir nicht vor, was du lesen sollst, sondern ich gebe dir einen tipp bzw. mache dir einen vorschlag.
        (thema „reflektiert antworten“: das wäre dann z.b., wenn an einen tipp/vorshlag von einer vorschrift unterscheiden kann).
        und ja klar, das musst du nicht lesen. aber: viele grosse denkerinnen und denker sind dies geworden, weil sie stetig neues, auch aus ihrer damaligen sicht verqueres, aufgenommen und reflektiert haben. vielleicht würden sich irigaray oder foucault ja tatsächlich als bereicherung für dich herausstellen… (oder auch maria mies‘ abhandlungen über sprache – vielleicht hilfreich für „sehr sehr reflektiert“ statt „sehr reflektiert“).

        sincerly yours
        m.

        1. Liebe Maria

          Lebt nicht jeder in seiner eigenen Realität mit seinen eigenen Blickwinkeln? Ich werde deine Vorschlag Betracht ziehen und Rückmeldung geben. Danke für deine lieben Worte.

          Liebe Grüne,

          Paula

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