Über erlebten Rassismus im Laufe der Zeit – Ich, das Flüchtlingskind

Es waren Wahlen in Deutschland. 87% sind gegen Ausländerhetze, und für Demokratie und Vielfalt. Das dürfen wir nie aus den Augen verlieren, statt ständig uns über die 13 % zu echauffieren, die einfach ignorant bis dumm sind. Man wird ja dann noch am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet diese menschenverachtende Partei gewählt zu haben. Und ganz ehrlich? Ich gönne es den Menschen von ganzem Herzen, ihre eigene Medizin zu kosten. Aber darum soll es heute nicht gehen sondern um meine Sicht der Dinge bezüglich des Themas Rassismus im Laufe der Zeit und wie ich ihn erlebt habe als Flüchtlingskind und ausgewanderte.

Denn der Hass und der Neid auf Flüchtlinge ist gross, obwohl es dazu keinen Grund gibt. Doch nicht erst seit gestern schlägt uns eine Welle von unglaublichem Hass und Rassismus entgegen. Nur ist es nun Salontauglich geworden, sich extrem rassistisch äussern zu können ohne grosse Konsequenz. Ich war zwar nicht wählen, da ich nicht mehr in Deutschland wohne und finde die Menschen die dort leben, sollten entscheiden mit wem sie politisch leben wollen,  aber ich erhebe meine Stimme.

Letzte Woche hatte man mir auch empfohlen Kompromisse zu schliessen. Den Dialog zu suchen. Ja, das habe ich. Von klein auf. Für, die, die den Blog schon länger verfolgen ist es kein Geheimnis mehr, dass ich ein ehemaliges Flüchtlingskind bin. Als ich mich letztes Jahr auf einen Dialog einliess wurde ich bedroht von AfD Anhängern. Was  hat man nicht alles probiert, wie habt man sich primitiv ausgedrückt. Aber easy, von denen kann sich eh keiner eine Fahrkarte in die Schweiz leisten (um  „mir aufs Maul zu schlagen“ oder „mich mal richtig hart ran zu nehmen“ wie sie sich so schön ausgedrückt haben, die deutschen Männer)

1989 – Revolution / Ankunft in Deutschland

Ausreisen wollten meine Eltern schon länger nach Deutschland, mein Opa ist nämlich deutscher. Doch zu Zeiten der Diktatur, war es uns durch Ceausescu nicht vergönnt. 1989 sollte sich das ändern und wir gingen ins Saarland, anfangs in ein Durchgangsheim, danach sollten noch ca. 2-3  Jahre vergehen bis wir aus dem Flüchtlingsheim ausziehen konnten. In dieser Zeit erlebte ich Hass und Ablehnung in der Schule, Mobbing, Gewalt. Einfach nur, weil ich aus Rumänien war. Eine „Zigeunerin“, weil die Kinder dort nicht unterscheiden konnten zwischen Rumänen und Romas. (Und auch das, geschenkt. Ich spielte früher oft mit den Roma Kindern, die waren cool.) Ich schätze mal, das hatten sie von ihren Eltern. Die einzigen damals in der ersten Klasse die mir helfen wollten, waren die dunkelhäutigen Mitschüler. Doch vor denen hatte ich Angst, da mir meine Eltern wiederum schreckliche Geschichten von ihnen erzählt hatten. Tja, dumm gelaufen.

Angepasst und unter die Räder gekommen

Ich war früher, als Kind, eher ängstlich, ruhig und verschlossen. So hatten die anderen ein leichtes Spiel mit ihren Attacken gegen mich, viele Lehrer guckten weg, oder fühlten sich nicht verantwortlich. Zuhause konnte ich nichts sagen, da meine Eltern mit sich schon genug zu tun hatten und auch kein Ohr hatten für meine Probleme. Als Kind hat man nämlich keine Probleme. Wir Kinder aus dem Flüchtlingsheim blieben so unter uns. Wir alle wohnten mit unseren Familien in einem Zimmer, mit Gemeinschaftsduschen und Küchen. Von Luxus- keine Spur. Die Erwachsenen vertreiben sich die Zeit mit Brettspielen, Lesen, oder einfach nur rumgammeln, während wir zur Schule gingen. Denn es durfte ja niemand arbeiten.

Irgendwann konnte ich auch ein wenig polnisch, ich glaube, deswegen sind mir die Polen immer noch sehr sympathisch. Ich habe dort nie Gewalt erlebt oder, dass man Angst haben musste. Und es gab dort Menschen von überall her. Auch aus der ehemaligen DDR. Man war sich meist wohlgesinnt und lebte so gut es ging zusammen. Klar, auch dort gab es Konflikte, aber die hat es überall, doch nie waren sie brutal oder gewalttätig.

Rassismus gab es schon immer

Aber so wie er gerade ist, habe ich es noch nie erlebt. Als ich mich im Netz stark gemacht habe für Flüchtlinge, gerade auch, weil ich selber ein Jahr guten Kontakt ins Flüchtlingsheim hatte und dort unterrichtet habe, einmal die Woche, hat man aus der AfD Anhänger Ecke mit Vergewaltigung und andere Schändungen an den Hals gewünscht und angedroht. Aber auf der anderen Seite brüllt der Biomichel: „Man muss die Frauen vor den Ausländern schützen!“

Wer aber schützt uns vor den deutschen Biomichels?

Gestern Abend habe ich mit meiner besten Freundin telefoniert, die ihre Oma zu Besuch hatte. Die war genau so rassistisch drauf und nannte gewisse Ausländer nur „Nachthemden“ und schwadronierte von „ihrem Land!“ Als müsste sie es nicht besser wissen.

Auch hier in der Schweiz habe ich als „dütsche“ mir schon oft rassistische Äusserungen gefallen lassen müssen. Klar, es wurde weniger in den letzten zehn Jahren, aber man merkt es schon gewissen Leuten an, wie sie die Augen verdrehen, wenn man auf Hochdeutsch antwortet. Oder eben, „typisch deutsche“ raushauen. Wenn ich ihnen dann sage, dass ich nicht mal in DE geboren bin…schauen sie wie ein Auto und zucken mit den Schultern.

Es gibt das „typisch deutsch“ nicht, so einfach ist es nämlich. Es gibt einfach nur kulturelle Unterschiede. Und selbst in Deutschland selber, ist es von Bundesland zu Bundesland verschieden. Wenn ich mich in Bayern umsehe…sieht es auch so aus, als wäre es von Stadt zu Stadt verschieden….nun ja. Jeder deutsche ist gleich, aber Berner und Zürcher sind (GRUND) verschieden, oder wie war das nochmal?

 Luxus in Deutschland?!

Wenn man dann Rassisten fragt, was sie selber für persönliche Nachteile erleiden, aufgrund von Ausländern, können sie auch nicht so recht antworten. Vor ein paar Wochen fragte man mich ja sogar, in welchem „Luxus“ die deutschen denn leben, der nette Herr sehe nichts von „Luxus“ für sich und seine Familie in Deutschland.

Sauberes Wasser, ein Dach über den Kopf, genug zu essen, soziale Absicherung, ärztliche Versorgung, Bildung, eine stabile Währung und Frieden werden auch total überschätzt und es ist so selbstverständlich auf der Welt, dass es sicher nicht als Luxus, in dem Gesamtpaket verkauft werden kann. *Ironie aus.

Deutschland nach dem Krieg und das Londoner Schuldenabkommen

Auch wäre Deutschland nach dem Krieg nie auf die Beine gekommen ohne den Londoner Schuldenabkommen, für den sich besonders Griechenland stark gemacht hat, und die vielen Gastarbeiter. Aber das kann man ja alles mal vergessen, vor lauter Hass und Nationalstolz. Und ja, wer sind die „Patrioten“? Menschen, die selber nichts haben, auf dass sie stolz sein können, deswegen sind sie es auf ihr Land. Wo sie per Zufall rein geboren wurden. Ein Land, für das sie meist nichts getan haben, außer grosse Reden schwingen, im Internet, gegen Ausländer. Diese Opferhaltung ist zum kotzen! Denn eben…man hatte selber keinen Nachteil erlitten, weil nun 1 Mio Flüchtlinge aufgenommen wurden.

Deutschland heute

„Die Leute haben Angst vor Überfremdung, dabei kennen sie nicht mal ihren Nachbarn!“ Ich weiss zwar nicht von wem der Spruch war, aber er ist so wahr, dass es schon weh tut. Nach der Wahl tun die meisten nun schockiert, dabei war des absehbar, gerade im Osten, dass es so ausgehen wird. Hat man doch zu lange die Augen zu gemacht, in der Hoffnung das Problem erledige sich von selbst.

Wir könnten einen Unterschied machen, jeder einzelne von uns, wenn man nur aufhören würde zu denken: „Ich alleine, was kann ich schon ausrichten?“ Eine Menge, wenn sich alle in Bewegung setzt und nicht nur schweigend zu sehen um Problemen aus dem Weg zu gehen. Denn zum Schluss will man wieder von nichts gewusst haben.

6 Gedanken zu „Über erlebten Rassismus im Laufe der Zeit – Ich, das Flüchtlingskind“

  1. Interessanterweise zerlegt sich die AFD ja schon langsam selbst, bevor es richtig los geht (was mich irgendwie vermuten lässt, dass das Ganze eigentlich nur ein Experiment war). Überraschend fand ich das Ergebnis nicht, schlimm finde ich allerdings, dass jeder AFD Wähler nun nach Gießkannenprinzip als Nazi bezeichnet wird. Ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht. Im Großen und Ganzen wurde und wird der AFD viel zu viel Bühne geboten, um sich zu profilieren und zu äußern.
    Im Grunde hält Demokratie das aus. Das Problem sehe ich eher darin, dass es jetzt wieder damit los geht, dass die „Volksparteien“ sich schon wieder untereinander nur beharken und rumzicken wie ich es nur aus dem Sandkasten kenne. Das sorgt dafür, dass Menschen sich nicht gehört fühlen. Diese Menschen machen sich dann ihre Gedanken, reden am Stammtisch und dann kommt eins zum anderen. Leider. Man müsste einfach nur mal zuhören.

    1. Ja, wobei die AfD zu wählen aus Protest halte ich für grundlegend falsch. Die, die wirklich „abgehängt“ wurden, werden durch die AfD auch nicht das erfahren, was sie sich wünschen, im Gegenteil. Klar, nicht alle sind Nazis, aber sie haben sich für eine Partei entschieden, die gegen Ausländer hetzt, gegen Homosexuelle und für ihr rechtes Gedankengut bekannt ist. Zuhören, ja, das hätten die AfD Wähler auch, jetzt haben sie sich damit ins eigene Fleisch geschnitten….

      1. Ich fände ja aus Protest wählen gehen sinnvoller als aus Protest die, die am lautesten Schreien zu wählen. Natürlich wird jetzt nicht das passieren, was sich vielleicht der ein oder andere Wähler gewünscht hat, denn auch die AFD wird erkennen: Demokratie besteht nicht aus Sprüche klopfen und andere diffamieren. Ja, sie sitzen im Bundestag. Sind sie auch nicht die ersten und nicht die letzten, das Gedankengut und dieser Egoismus sind in Deutschland leider sehr verbreitet. Deswegen haben sie noch lange kein Gesetz auf den Weg und durchgebracht, keine Regierungsentscheidungen beeinflusst und und und. Nicht zu vergessen, sie sitzen nicht allein in der Opposition. Es ist jetzt sehr viel möglich, vor allem zu zeigen, dass man souverän und demokratisch mit der Situation umgehen kann. Meine Sorge ist, dass genau das verpasst wird.

          1. Das ist wahr. Wobei sie ja so gar nicht gestartet sind. Zwar schon eher rechts, aber nicht so weit rechts. Merkwürdig, wie sich das entwickelt hat (und sehr ungut).

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