Über das Glück keine Mutter zu sein

«Alle Jahre wieder…» Kommt der Muttertag um die Ecke geschossen, Väter rennen in Panik zum Blumenstrausskauf, Kinder krakeln für ihre Mamis herzige Karten und auch sonst ist alles prima, an diesem besonderen Tag. Morgen ist aber auch, ein Tag wieder jeder andere, an dem ich mich mal wieder freue, keine Mutter zu sein. Ja, es gab schon einiges in diese Richtung hier auf dem Blog, aber ich werde nicht müde darüber zu schreiben, so wie Eltern nicht müde werden uns kinderlosen zu erzählen, dass Kinder das beste sind, was einem im Leben passieren kann. Wer dessen überdrüssig ist, muss ja nicht weiterlesen.

Nennt mich egoistisch, aber es ist mein Leben, ich bestimme alleine wie ich es lebe. Fragt mich wer mich pflegen wird – niemand, hier in der Schweiz ist Sterbehilfe erlaubt, und ich möchte nicht so lange leben, bis mich irgendwer pflegen muss, weil ich nicht mehr selbständig leben kann.

Oder wer meine Rente zahlt; magische Zauberworte: Private Vorsorge. (Fragt mal alleinerziehende Frauen wie es um ihre Rente später steht.) Und wer Kinder in die Welt setzt, wegen der Rente…naja. Ausserdem werden die ledigen, Kinderlosen dieses Landes, wie auch in Deutschland am höchsten besteuert, obwohl wir viele Angebote nicht wahrnehmen, wie z.B. Schulen und alles andere was in öffentlicher Hand liegt das etwas mit Kindern zu tun hat.

Somit ist die Frage nach «wer zahlt deine Rente?» obsolet.

Ausserdem leisten wir Kinderlose einen immensen positiven Beitrag für den Umweltschutz, in dem wir nicht noch mehr Leben in diese Welt setzen, die eh schon heillos überbevölkert ist. Ich und viele andere tragen also mit unserer Kinderlosigkeit einen Teil dazu bei, dass eure Kinder mehr Ressourcen zur Verfügung haben. Wer mehr Infos haben möchte, wie viele Planeten wir bräuchten, wenn alle Menschen leben würden, wie wir in der Schweiz, bitte hier entlang. Allen anderen; bitte, gern geschehen.

Aber was machst du im Alter?

Meine Güte, was wird nur aus mir im Alter, wenn ich keine kostenlose Carearbeit für meine Kinder / Enkelkinder leiste? Wohl eine glückliche, zufriedene, freie Frau ohne familiäre Verpflichtungen. Und obwohl das schon oft Thema war hier auf dem Blog, werde ich nicht müde das immer und immer wieder zu schreiben, bis es auch der letzte versteht.

Wollen wir noch kurz darüber reden, was ich mit meiner Freizeit mache, wenn ich alt bin?  Denn anscheinend denken immer noch sehr viele Menschen, dass man ohne Familie, bzw. Kinder im Alter zu Tode gelangweilt, isoliert von der Welt, in seiner Bude rumhängt und nichts mit sich anzufangen weiss. Oder, dass frau es im Alter bereut ihr Leben nicht als kostenlose. Carearbeiterin für ihre Kinder (und oft noch für ihren Mann) geopfert zu haben.

 

  • Reisen und die Welt erkunden
  • Lesen
  • Schreiben
  • Tee trinken und die Aussicht von meinem Fenster geniessen
  • Menschen im Park / Café beobachten
  • Meine uneingeschränkte Freiheit geniessen
  • Gemüse und Obst anpflanzen im Garten
  • Kultur geniessen
  • Kochen und Backen
  • Freunde auf der ganzen Welt besuchen
  • Mich Ehrenamtlich engagieren
  • Ersatzoma sein, wenn ich das Bedürfnis habe mich mit Kids zu umgeben
  • Zum Pilates gehen, oder zur Aquagymnastik
  • Menschen Coachen, Kurse geben
  • Mit einem kleinen Bus die Küsten dieser Welt abfahren
  • Sport, von Schach über Badminton zum Turnen
  • Einen Bücherclub gründen
  • Kurse, die mich interessieren besuchen
  • Malen, Töpfern, Stricken, Häkeln, Sticken
  • Meditieren in Indien, Thailand oder sonst wo
  • Politisch engagieren, ein Hilfsprojekt gründen

Die Liste liesse sich noch ewig weiterführen. Langeweile also ausgeschlossen. Meine innere Uhr ist stumm und nun bin ich bereits 36 Jahre alt. Aber anscheinend immer noch nicht alt genug, dass man mich ernst nimmt, wenn ich sage, dass ich keine Kinder will. Denn auch wenn Frau älter wird, bedeutet das nicht, dass sie dann nichts mit sich anzufangen weiss, weil sie niemanden hat den sie bemuttern kann. Und auch Langeweile kann toll sein. Eltern allgemein (besonders nun in der Coronazeit) würden alles für Langeweile und Nichtstun dürfen geben, fragt sie mal!

Bekomme Kinder haben sie gesagt, dass man danach mit ihnen im Regen stehen gelassen wird, haben sie nicht gesagt

Der Muttertag erscheint das Jahr besonders zynisch, da der Staat in der Krise kaum was unternommen hat Mütter, bzw. Eltern in der Pandemie zu unterstützen. Ganz das Gegenteil ist passiert. Plötzlich blieb die Arbeit meist wieder an den Müttern hängen, weil die Väter besser verdienen (und ihren Dienst manchmal nicht im Homeoffice erledigen konnten, oder wollten) die plötzlich Homeoffice- im besten Fall- Kinder, Haushalt und Homeschooling stemmen mussten.  Aber hey, ein paar Pralinen, Frühstück ans Bett, ein Blumenstrauss und eine Karte wird es sicher schon richten, oder? Nun gehen hier bald die Schulen wieder auf und man hat nichts ausgelassen um maximale Verwirrung bei allen Beteiligten zu stiften. Auch hier bin ich froh, dass ich nicht davon betroffen bin. Die Kinder, die nun nach 6 Wochen zuhause sein mit Mama und Papa wieder zurück in der Kita sind reichen mir vollkommen aus.

Die «Carearbeit» wird Mädchen anerzogen, es ist nicht biologisch so bestimmt

Mädchen werden auch heutzutage teilweise so erzogen, dass sie das Gefühl haben, dass sie wen zum «bemuttern» bräuchten, um glücklich zu sein. Von klein auf wird ihnen eine Puppe in die Hand gedrückt, damit sie die Mutter imitieren können. Ja, das gibt es heute immer noch. Spielzeuggeschäfte haben immer noch eine rosa Mädchenabteilung voller Puppen und Zubehör, und Jungs eine Abteilung die blau gestaltet ist, mit Lego, Autos usw.

Ich sehe das in den Kitas auch heute noch, im Jahre 2020, dass manche Eltern davon ausgehen, dass Jungs mit Autos spielen  und Mädchen mit Puppen. Oder an Anfragen der Eltern im Netz zu Dekoideen der Kinderzimmer, es wird oft explizit nach «Jungenzimmer» und «Mädchenzimmer» gefragt.

Kurzer Check: Würdest du deinen Jungen als Prinzessin verkleidet zum Karneval / Fasching / Fasnacht gehen lassen? Nein? Würdest du deinem Sohn erlauben eine Puppe auf der Strasse im Kinderwagen spazieren zu fahren? Nein? Voilà. Herzlichen Glückwunsch, auch du steckst in diesem Klischeedenken «Das ist nur für Jungs, dass nur für Mädchen» fest. Dabei könnte man den Jungs auch von kleinauf beibringen, dass auch sie für die Aufzucht ihrer Brut verantwortlich sind und ihren Teil dazu beitragen müssen, ohne das man sie daran erinnert. Stichwort: Mentale Last 

Es wäre doch traumhaft, wenn wir Jungs dazu erziehen könnten, ihren Teil selbstständig beizutragen, durch vorleben und Situationen des Alltags mit allen Facetten erfahren/erleben lassen, anstatt davon auszugehen, dass sie ihren Frauen später mit Haushalt und Kind «helfen» werden. Ich habe leider im Umfeld auch oft die Erfahrung gemacht, dass Männer erst dazu aufgefordert werden mussten ihren Teil dazu beizutragen und ganz ehrlich? Einen erwachsenen Mann, neben meinem eigenen Kind zu erziehen, darauf habe ich keine Lust und keine Nerven. Dann schaffe ich mir lieber gleich zwei Kinder an. Oft leider auch Frauen erlebt, die ihren Männern nicht zugetraut haben ein Wochenende mit den Kids alleine zu sein. Es gibt sicher auch andere Fälle, ein paar Familien die das gut im Griff haben kenne ich auch, so ist das nicht. Aber das sind auch die grossen Ausnahmen. Im Regelfall ist die Rollenverteilung eher so a la 1950.

Verantwortung für die Geschwister, von klein auf

Well, ich habe meinen Puppen Kleidung genäht als ich alt genug war, vorher riss ich ihnen die Beine aus, weil ich wollte dass sie den Spagat machen sollten, wie damals Nadia Comăneci. Die Rolle der Mutter hat mich nie interessiert, im Rollenspiel war ich zwar dabei, aber auch nur, weil ich ein Teil der Kindergruppe sein wollte. Und wenn du schon als 6jährige auf deine kleinen Geschwister aufpassen musst, bis du mit 17 Jahren ausziehst, hast du einfach keine Lust mehr so ein Kapitel nochmal zu erleben im Leben. Denn die Mutter war oft den ganzen Tag arbeiten, den Vater, der zuhause war bis sich die Eltern scheiden liessen als ich 13 Jahre alt war, interessierten seine Kinder oder der Haushalt oft herzlich wenig.

Du bist eine grosse Schwester, das gehört sich so!

Ich war eine grosse Schwester, und es war meine Pflicht als Mädchen ihnen Sorge zu tragen. Kindheit? Unbeschwertheit? Völlig überbewertet. Wer beschützte die kleinen, wenn sich die Erwachsenen wieder mal in den Haaren lagen? Ich. Wer bespielte und sorgte für die kleinen, wenn niemand zuhause war, als die Eltern geschieden waren? Ich. Wer bekam den Zorn der Mutter zu spüren, wenn etwas passierte? Ich. Wer war für den Haushalt verantwortlich, wenn sie arbeiten war? Ich.

Ich glaube also ich habe meinen Teil mit dieser «Verantwortung im Leben übernehmen» schon erledigt, bevor ich volljährig wurde.

Und als ich schwanger war ein paar Jahre später, wusste ich ein paar Stunden nach dem positiven Ergebnis, dass ich das Kind nicht behalten will. Meine Freiheit, mein Leben wäre schon wieder voller Verantwortung und Entbehrung, bevor ich mein Leben richtig ausleben konnte. Bereut habe ich es keine einzige Sekunde, eher das Gegenteil ist der Fall. Wenn ich rückblickend auf mein bisheriges Leben sehe, erkenne ich, wie viel Schönes und Wertvolles ich verpasst hätte, wäre ich Mutter geworden. «Aber die Momente mit Kinder sind unbezahlbar!» habe ich oft gehört. Doch meine Freiheit, die Freiheit unabhängig und selbstbestimmt mein Leben zu gestalten, kann das nicht im geringsten aufwiegen, weil es mit zu vielen Entbehrungen einher geht.

Kinder im Beruf, ja. Kinder zuhause, nein, danke.

Ich liebe Kinder, sonst würde ich meinen Beruf nicht schon so lange ausüben, aber selber möchte ich keine Verpflichtung bis an mein Lebensende haben. Ich möchte nicht mein Leben hintenanstellen und meine Interessen für das Leben eines anderen. Denn gerade weil ich weiss was ein Kind alles braucht, weiss ich um die ganzen Entbehrungen die man als Frau auf sich nehmen muss, damit das Kind mir «so vieles schönes» zurückgeben kann.

Diese Einstellung «keine Kinder im Privatleben, aber in der Arbeit» beisst sich keinesfalls. Die Tierärztin liebt sicher auch Tiere, sonst würde sie ihren Beruf nicht ausüben, doch sie lebt trotzdem nicht umzingelt von ihnen auf einem Bauernhof.

«Aber du verpasst was!» Ihr meint Eltern verpassen nichts?

Ich gönne es euch, euer Glück, eure Kinder, die euer Leben «bereichern» wie es immer so schön heisst, die selbstgemachten Karten und kleinen Geschenke morgen, die Blumen und das Frühstück, dass euch ans Bett gebracht wird und wünsche euch einen wunderschönen Muttertag im Kreise eurer Liebsten.

 

Allen anderen einen schönen Sonntag!

Ein Gedanke zu „Über das Glück keine Mutter zu sein“

  1. Ich bin selbst Mutter und stehe voll hinter deiner Aussage.
    Warum Kinderkriegen als das Nonplusultra im Leben einer Frau angesehen wird, kann ich nicht verstehen.
    Weil so romantisch, wie sich das viele vorstellen, ist es ganz und gar nicht.
    In meinem Freundeskreis gibt es wenige Frauen, die sich bewusst gegen Kinder entscheiden und zum Teil massiv angegangen werden. Insbesondere seitens der Familie nach dem Motto: „Du verwehrst uns Enkelkinder.“
    Ich finde das richtig schlimm.
    Oft fällt in dem Zusammenhang der Begriff „Egoismus“ – das finde ich völlig absurd.
    Die Gesellschaft stellt Forderungen an die Frau und ihren Körper. Das ist mittelalterliches Denken und gehört abgeschafft.
    Gut, dass du das Thema ansprichst.

Mich interessiert deine Sichtweise zum Thema!

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