Shitstorm vs. Diskussions Kultur

Im Internet vermehrt anzutreffen und dort reichlich aber auch im realen Leben präsent. Von persönlichen Beschimpfungen, Pöbeleien bis hin zum Rassismus lässt diese Spezies alles raus, ohne jegliche Argumente basierend auf realen Fakten in die Diskussion fliessen zu lassen. Rassismus wird dann gern mal mit der freien Meinungsäusserung verwechselt. Kann ja vorkommen. Sie treten vermehrt in Gruppen auf, sind immer unzufrieden und ätzen rum, wo es nur geht.

Thema? Völlig unwichtig!

Jeder kennt einen oder mehrere und man geht ihnen soweit es möglich ist aus dem Weg. Sie selber sind immer frei von Schuld und Verantwortung, Schuld tragen eh immer nur die anderen. Trollen gerne rum ohne zu hinterfragen, lassen aber ihren ganzen (Lebens) Frust aus, wo sich die Möglichkeit bietet. Vielleicht haben Sie es schon erahnt, um welche Spezies es hier geht: Die Empörten!

Letzte Woche wurde mir die zweifelhafte Ehre zu Teil, auf ganz viele „Empörte“ zu treffen. War zwar auch klar, bei dem Thema, doch, dass sich die Leute selber so bloss stellen, das hätte ich nicht erwartet. Freiheit, das will man, freie Meinungs Äusserung sowieso und überhaupt. Aber wehe ein anderer beansprucht das auch für sich. Das geht dann natürlich unter gar keinen Umständen und wird mit persönlichen Beleidigungen, meist unter der Gürtellinie quittiert. Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder jeden tolerieren würde?  Man hatte sogar die Frechheit Toleranz zu fordern für PEGIDA, AfD und wie sie alle heissen, von mir!

Ähmm..ich bin ehemaliger Flüchtling und soll eine Gruppe voller Ignoranten tolerieren, die an der Grenze auf Menschen schiessen will die aus einer Not heraus ihr Land verlassen? Nein, ich glaube nicht. Das wäre ja wie, einem Juden anzukreiden, er zeige keine Toleranz, weil er Rechtsradikale nicht riechen kann.

Wie absolut lächerlich sich diese Spezies macht, scheint ihnen meistens zu entgehen. Viele kommentieren im Internet auch, ohne jemals Artikel zu lesen die sie da ihrem geistigen Durchfall beschmieren. Um was es geht..erkennen sie an den Kommentaren..oder eben auch nicht.

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Viele outeten sich als Berufsempörer…Thema? Wurst! Empört? Immer! Andere Mitmenschen versuchten es zu erklären…vergeblich..Fakten? Egal!

Oder jeweils die Quelle zu hinterfragen, das ist meist auch zu viel verlangt. Gewisse Blogs die rechtsradikales Gedankengut verbreiten werden Gedankenlos geteilt. „Es steht ja im Internet, also muss es wohl stimmen.“ scheint da ein Leitsatz dieser Menschen zu sein. Manchmal wird sowas auch geteilt, weil es „äusserst krass“ ist. Wirklich? Man verbreitet diesen rechten Schund weil er krass ist? Krass ist da für mich nur die Dummheit mancher, die das dann als „Wahr“ und als „FAKT“ erachten. Aber Rechts eingestellt? Nein, das ist man auf gar keinen Fall!

Vielmals wenn man dann die Menschen darauf hinweist und den gleichen Ton anschlägt wie sie, kommen dann so Kommentare wie: „Ach, da zeigt sie ja ihr wahres Gesicht!“ Wahre…was? Nur weil man Pädagogin ist, heisst es nicht man sagt zu allem „Ja“ und „Amen“. Ich bin in erster Linie auch privat Person. Wenn ich etwas für unrecht erachte, sage ich das. Wenn mir was nicht passt, sage ich das. Die Menschen vergessen, dass Pädagogen nicht so korrekt wie der Papst sein müssen oder sich immer tadellos und den Vorstellungen anderer verhalten müssen. Nicht mal der Papst tut das, by the way!

Und ausserdem…wie war das mit der freien Meinungsäusserung? Doch alles was gegen den Empörten und seiner Vorstellung von der Welt geht, wird in Grund und Boden geschimpft oder mit x Ausrufezeichen bedacht. Auch sehr bekannt wurde der Ausdruck: „Lügenpresse“. Damit hat man alle in der Presse niedergeschrien, die nicht das berichteten was man von der Presse eben erwartet. Unterstellungen und Verleumdungen inklusive. Sich künstlich über alles zu empören gehört mittlerweile schon zum guten Ton.

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Doch es gab durchaus noch Hoffnung…

Ich diskutiere auch gerne, Betonung auf diskutiere. Ich lasse mich auch immer gern eines besseren belehren oder kritisieren. Kritik lässt einen wachsen und ist der Motor des Wandels. Konstruktive Kritik? Immer gern. Menschen beschimpfen…das ist keine Kritik, es tut mir leid. Nur der „Zentralrat der Aluhutträger“, wie die Empörten auch gerne mal genannt werden, sieht das mal wieder anders, war ja auch klar. Fakten? Spielen doch keine Rolle und werden gern mal ausser Acht gelassen. Fakt ist nur, was dem empörten in seine kleine Welt passt! Alles andere ist Lügenpresse! Leider lässt es sich mit der Spezies der Empörten aber alles andere als gut diskutieren. Wehe Sie widersprechen ihnen oder kommen mit Argumenten. Oder trauen sich darauf hinzuweisen, dass gewisse Äusserungen äusserst deplatziert sind.

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Entschuldigung? Klar findet die Dame keinen Namen für den Artikel, denn dazu müsste man sich die Mühe machen ihn zu lesen! Ich wüsste nicht wie man einen sonst Artikel beurteilen kann ohne ihn zu lesen? Und jeder der ein wenig Ahnung hat, wie Medien funktionieren, hängt sich nicht an einer reisserischen Überschrift auf….

Oh, dann aber. Jegliche Regeln der Kommunikation werden vergessen, die gute Kinderstube hinter sich gelassen, die Ärmel hochgekrempelt und Todschlagargumente fliegen Ihnen ohne Sinn und Verstand um die Ohren. Lösungsorientierte Diskussionen sucht man vergebens. Ist ja auch einfach seinen Frust im Netz Luft zu machen. Und so einfach. Ich wette die meisten haben im realen Leben nicht so eine grosse Klappe. Wann genau löste der Shitstorm eigentlich die Diskussions Kultur ab? Wer diskutieren möchte, sollte sich wenigstens die Mühe machen sich zu hinterfragen wo er steht und nicht der Meinung anderer wie ein Lemming folgen. Mal in den anderen hineinversetzen. Doch Empathie scheint dieser Spezies fremd. Meist kommen ihre „Gegenargumente“ in Befehlsform, persönlichen Beleidigungen, manch einer bekommt einen Krampf im Finger vor lauter Caps lock oder Ausrufezeichen drücken.

Liebe Empörte,

wie wäre es mit nachdenken, hinterfragen, sich seine eigenen Meinung machen? Diskussionen führen aufgrund von Fakten und Argumenten anstatt persönlichen Diffamierungen. Gemeinsam nach Lösungen zu suchen, statt nach Schuldzuweisungen? Dieses blinde hinterher laufen, halte ich für sehr gefährlich! Ja, es gibt noch andere Menschen auf dem Planeten als euch. Mit anderen Vorstellungen vom Leben, und jedem steht seine Meinung zu. Doch sind Hetze und Rassismus und Beleidigungen unter der Gürtellinie eben keine Meinung, tut mir leid.
Wie wäre es wenn ihr endlich den Finger mit dem ihr auf andere zeigt mal runter nehmt um euch an die eigene Nase zu fassen? Fragt euch mal, warum ihr so unzufrieden seid und ändert es, anstatt euch sinnlos im Internet und auf den Strassen zu empören! Denn ändern, könnt ihr mit der Art und Weise nichts sondern macht euch nur zum Gespött der Nation, die niemand wirklich ernst nimmt!

Mein Beitrag über das Stillen und die Empörung der Mütter auf eine meiner Bewertungen für ein Familienunfreundliches Cafe in Berlin wurde bei der Huffington Post auf der Facebook Seite hervorgehoben und knapp 6 Tage später wieder raus genommen, weil es einfach eskalierte. Der Shitstorm regierte und es ähnelte eher einer Pausenplatzschlägerei, nur mit Worten, als einer konstruktiven Diskussion. Bis dahin hatte der Beitrag knapp 8000 Likes erreicht und über 500 Kommentare.

Dieser Beitrag  erschien gestern bei der Huffington Post Deutschland.

Schönes Wochenende

Paula

5 Gedanken zu „Shitstorm vs. Diskussions Kultur“

  1. Das Thema beschäftigt mich privat und im Hinblick auf meinen angestrebten Beruf wirklich sehr und ich kann einige deiner Gedankengänge wirklich teilen. Das Problem an der aktuell vergifteten Diskussionskultur ist, dass die Akteure (ergo Trolle) von vornherein kein Interesse an einem Gespräch haben, sondern nur ihre Meinung kundtun und diese bis aufs Blut verteidigen wollen. Natürlich kommt man da mit Argumenten leider nicht sonderlich weit. Ich persönlich demontiere sie eigentlich ganz gerne und hoffe, dass Leute die bei bestimmten Themen auf der Kippe stehen, eher in meine Richtung rutschen, als sich von „Fakt, weil ist so!“-Aussagen einlullen zu lassen.

    Andererseits habe ich für mich persönlich ein paar Erklärungen gefunden, warum die Leute so agieren, wie sie es eben tun. Zum einen denke ich, dass es sich um einen Generation-Effekt handelt. Während Leute bis zu einem gewissen Alter „Digital-Natives“ sind, haben viele, die zuvor ihren Stuss am Stammtisch oder im Freundeskreis losgelassen haben, nun plötzlich ein neues Ventil gefunden, dass sie aber nicht in Gänze verstehen. Ein Hinweis darauf ist, das abgesehen von Leuten, die ohnehin Fake-Accounts erstellen, viele mit Klarnamen, öffentlichem Profil und Angabe des Arbeitgebers im Netz unterwegs sind und trotzdem keine Scheu haben sich auszulassen. Ihnen sind die Regeln und Anstandsformen fremd, die über Jahre hinweg als Konsens in Foren und frühen sozialen Netzwerken galten.

    Ein weiterer Punkt, ist die vor nicht allzu langer Zeit entdeckte „Filterblase“, die wiederum erklären könnte, warum viele der Trottel so selbstsicher auftreten und teilweise gar nicht merken wie sie sich selbst blossstellen. Facebook schafft es durch Algorithmen und natürlich durch eine gewisse eigene Vorauswahl an „Freunden“ eine Timeline zu erschaffen, die scheinbar nur mit Themen bevölkert wird, die man selber interessant findet oder der eigenen Meinung entsprechen. Plötzlich sieht es für sie aus, als ob die meisten auf der richtigen (also rechten) Seite stehen und geraten in Rage wenn sie in den Kommentarspalten der Nachrichtenportale plötzlich Gegenwind bekommen. Da es nicht wenige dieser Leute gibt, ergibt sich schon fast natürlich ein Shitstorm, der sich aber meistens nach einiger Zeit selbst erstickt. Er ist nervig aber in meinen Augen auch gefährlich und ich begrüße dementsprechend die inzwischen stärker eingreifenden Admins und Moderatoren. Durch so eine digitale Umgebung entsteht unwillkürlich eine Radikalisierung, die sich in Gewalttaten manifestiert. Zum Beispiel wurden viele Brandanschläge auf Flüchtlingsheime zuvor auf Facebook organisiert, Anders Breivik hat sich im Netz Bestätigung geholt (Prototyp des Lone-Wolf-Attackers) und die IS-Sympathisanten saugen ebenfalls alles auf, was sie dort finden.

    Dementsprechend ist der Appell sich mal selbst an die Nase zu fassen und nicht den ganzen Tag vor dem Bildschirm zu hängen nett gemeint und ich dachte wirklich auch eine gewisse Zeit, dass sowas erhört wird, aber man muss ehrlich zu sich selbst sein und nicht von der eigenen Denkweise auf andere schließen. Viele von ihnen wollen im ersten Schritt den Hass und dadurch Aufmerksamkeit, um dann weiterführend fast einen fanatischen Feldzug als „Keyboard“-Warrior durchzuführen. Das was in meinen Augen hilft, ist in Foren tatsächlich Löschung, Moderation, Offenlegung von Logikfehlen. In sozialen Medien ist es zwar schwierig, aber das einige was aktuell nützt ist eine einmalige „Counter-Speech“ ohne sich auf langwierige Diskussionen einzulassen, da diese verwässern und am Ende kein Mensch mehr das Gegenargument findet.

    Beides scheint zumindest im Ansatz zu fruchten, weil viele dieser Freaks sich auf „vk“ (russischer Facebook-Klon) zurückziehen. Dort gibt es keine Moderation, keinerlei Einschränkungen in Bezug auf Volksverhetzung usw. Zeitgleich haben sie aber deutlich weniger Reichweite. Ein Teilerfolg, würde ich sagen.

  2. Ich habe irgendwo mal geschrieben, dass es mal eine Zeit gab (Man kennt das aus älteren Filmen), in der Zeitungsverkäufer in den Straßen die Headlines lauthals verkündeten und die Menschen daraufhin die Zeitung kauften, um mehr darüber zu erfahren. Sowas würde heute kaum noch funktioneren. „Ich kenne die Headline, damit weiß ich alles und kann meinen Senf dazu abgeben!“

    Es ist erschütternd, wie wenig Zeit sich genommen wird, um einen Artikel zu lesen. Zeit, um stundenlang, teils beleidigend zu kommentieren, scheint reichlich vorhanden.

    Es ist nicht lange her, da postete eine Facebookfreundin einen Beitrag, in dem es um einen Ted-Talk von Bill Gates ging. Er sprach, grob umrissen, davon, dass eine Reduzierung der Wachstumsrate auf der Welt, ein Weg sei, um die Probleme von Erderwärmung, Welthunger und ähnlichem in den Griff zu kriegen. Dies sei durch erfolgreiche Impfungen und eine gute medizinische Versorgung zu erreichen, da es dazu führte, dass Familien in armen Ländern weniger Kinder zeugen müssten, um im Alter versorgt werden zu können. Ob das wirklich so ist oder auch nicht, weiß ich nicht, aber der Verfasser des Beitrags (Ein Impfgegner), schrieb dazu etwas, wie:

    Bill Gates will jeden Tag 350000 Menschen ausrotten. Das ist FAKT!
    (Wenn man schreibt, dass es Fakt ist, muss es ja wohl stimmen, dachten einige.)

    Ich schrieb daraufhin meine Bekannte an und fragte, woher diese Info stamme. Wieder wurde ich auf das Video verwiesen, in dem immer noch kein Wort davon fiel, Menschen umzubringen. Als nächstes kam der Link zu einem Auftritt bei Markus Lanz zum selben Thema. Als ich sagte, dass auch dort die Rede von einer Reduzierung des Bevölkerungswachstums sei, nicht von einer Reduzierung der Weltbevölkerung und man nicht einfach jemandem unterstelle, er wolle Massenmord begehen, kam das wunderbare Argument „Trotzdem!“.

    Es macht einfach müde, wenn man versucht, einen informativen Dialog anzustoßen und dann nichts kommt, weil nichts da ist. Und dennoch bleib das Gegenüber stur bei seiner Behauptung.
    Immer mehr verkommt bei mir auch die Lust, über bestimmte Dinge zu reden, weil ich sicher bin, dass es in wüsten Beschimpfungen endet.

    1. Ja, den anderen Mundtod machen durch Todschlagargumente, das ist mir auch schon untergekommen. Auch das ignorieren der Wahrheit. Die Leute zeigen ja damit nur, wie ungebildet und ignorant sie sind. Ich werde das beim besten Willen nie verstehen, aber gut. Viele sind unzufrieden und lassen ihren Frust dann halt irgendwo raus, am besten anonym und sicher hinter ihrem Monitor. Ja, doch dürfen wir nicht müde werden unsere Stimmen zu erheben. Sonst reden und schreiben bald nur noch die Menschen, die uns still haben möchten.

      1. Ja, da hast du Recht. Obwohl es manchmal wirklich an die Nerven geht, immer und immer wieder mit Menschen zu diskutieren, die cholerisch werden und gar nicht zuhören oder lesen wollen.
        Ich entdecke aber glücklicherweise genügend Menschen, die Durchhaltevermögen haben.

        Dir einen schönen Start in die neue Woche.

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