Liebe Helikopter-Eltern!

Helikopter-Eltern und ihre Folgen

Denn das Gegenteil von gut, ist gut gemeint!

Nur schnell im Vorfeld, eine Begriffserklärung:

Unter Helikopter-Eltern, auch Hubschrauber-Eltern oder als Fremdwort Helicopter Parents (engl. helicopter parents oder paranoid parents), versteht man populärsprachlich überfürsorgliche Eltern, die sich (wie ein Beobachtungs-Hubschrauber) ständig in der Nähe ihrer Kinder aufhalten, um diese zu überwachen und zu behüten. Ihr Erziehungsstil ist geprägt von (zum Teil zwanghafter oder paranoider) Überbehütung und exzessiver Einmischung in die Angelegenheiten des Kindes oder des Heranwachsenden.

(Quelle; Wikipedia)

Maxi ist drei Jahre alt, ein schüchterner, zurückhaltender und eher ein ruhiger Junge. Im Sandkasten blüht er etwas auf, auch wenn er meist für sich spielt. Das es da ab und an zu kleineren Konflikten kommt, wenn er mit seiner Mama auf dem Spielplatz ist, bleibt unter Kindern nicht aus. Meistens regelt seine Mutter das für ihn, wenn ihm mal wieder die Schaufel weggenommen wird oder ähnliches. Sie möchte ja nur das Beste für ihren Jungen und ihm weiteren Kummer ersparen. Und er ist ja allgemein sehr ängstlich und kann sich so schlecht durchsetzen. Sie meint es ja nur gut. 

Wird Maxi so lernen sich durchzusetzen, oder Konflikte zu lösen? Nein. Seine Mutter erledigt das ja bereits für ihn. Auch später im Leben wird Maxi es nicht einfach haben. Da seine Eltern alles immer für ihn regeln, wird er später Probleme haben eigene Entscheidungen zu treffen, Konflikte zu lösen oder gar Verantwortung zu übernehmen. Von seinem Selbstbewusstsein ganz zu schweigen. Was ist schiefgelaufen? Bei dem Versuch Maxis Leben so angenehm wie möglich zu gestalten und alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, haben die Eltern den Bogen etwas zu sehr überspannt. Dabei meinten sie es doch nur gut, was ich ihnen durchaus glaube. Den meisten ist es nämlich nicht so ganz bewusst, wie es scheint, was sie ihrem Nachwuchs da antun. 

Wie soll man lernen zu laufen, wenn man nie laufen darf?

Wie soll man laufen lernen, wenn man die ganze Zeit getragen wird bzw. im Buggy sitzt? Ihr werdet euch wundern wie viele Kinder mit 3 Jahren nicht mal richtig springen können geschweige grobmotorisch in der Lage sind alleine zu laufen, ohne bei jedem 5. Schritt zu stolpern oder gar umzufallen. Wie soll ein Kind lernen mit Besteck oder nur gar selbstständig zu essen, wenn es bis ins Kindergartenalter hinein gefüttert wird? In meiner Zeit in der Krippe gab es echt ein Kind, dass konnte mit 3 (!) Jahren nicht mal von einer Banane abbeissen, da die Eltern alles in Mundgerechte Häppchen schnitten und sie beissen schlicht und einfach nicht kannte.

Eine Banane! Kinder, die mit 2,5. Jahren nicht mal richtig sprechen konnten, da die Kiefermuskulatur nicht trainiert war durchkauen, weil sie zuhause immer noch Brei bekamen. Eltern, die ihren fast schon Jugendlichen Nachwuchs immer noch mit dem Auto in die Schule fuhren, obwohl diese nur 15. min Fussweg entfernt war.

Dass sie so unter anderem eine Gefahrenquelle darstellten, vor der sie selber immer Angst haben, da sie die Strasse verstopften, für Kinder die tatsächlich noch zu Fuss / mit dem Fahrrad in die Schule kamen sahen sie natürlich nicht. Wie sollen Kinder Phantasie und Kreativität entwickeln, wenn ihnen die Möglichkeit der Langweile verweht wird durch organisieren diverser Bespassungs– und Förderungsaktivitäten rund um die Uhr? Wie soll das Kind, Selbstständigkeit erlernen oder Verantwortung übernehmen, wenn die Eltern alles für das Kind tun, alles regulieren, alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen? Die Liste liesse sich hier unendlich lang fortsetzen. 

In Amerika spricht man ja bereits von „Free Range Kids“ (Fürchterliche Bezeichnung, wenn man mich fragt, es hört sich für mich ein wenig an wie „Freilaufende Biohühnchen“) wenn Kinder unbeaufsichtigt draussen spielen oder gar alleine in die Schule laufen um es in einigen kurzen Worten zu beschreiben. Oder wie ich es nenne: Sie wachsen normal auf! Es gab sogar einen Fall, da wurden Kinder von Aufsichtsbehörden in Gewahrsam genommen, weil die Nachbarn beobachteten wie die besagten Kinder ohne Eltern in die Schule liefen, in einer für Amerika sicheren Gegend wohlgemerkt. 

Slow Parenting

Diese Gegenbewegung zu den Helikopter-Eltern die sich gerade formiert in den USA nennt sich „Slow Parenting“. Im Gegensatz zu den Helikopter-Eltern geben sie den Kindern den nötigen Freiraum sich zu entwickeln unter anderem ohne ständig beaufsichtigt oder 24/7 bespasst zu werden. Je nach Alter, versteht sich hier von selbst, hoffe ich. So wie früher, erinnert ihr euch an eure Kindheit? Damals in den Sommerferien zum Beispiel, ihr wart vielleicht 7, 8 oder evtl.  10 Jahre alt. Als ihr nach dem Mittagessen aus dem Haus seid und erst am Abend, als es dunkel wurde wieder zuhause wart. Damals musstet ihr euch ja auch selbst beschäftigen und ihr habt aus den einfachsten Sachen, grosses geschaffen.  

Als die Eltern noch Eltern waren und nicht die Partner der Kinder. Wann genau fing denn diese Überbehütung an? Die Zeiten erscheinen nur gefährlicher durch die Informationsflut die jeden Tag, auf allen Kanälen auf uns hinunter prasselt. Für eine bessere Zukunft? Wohin will man diese Kinder denn mit dem Benehmen treiben? Klar will man den Kindern schlechte Erfahrungen ersparen, aber wie noch mal haben wir gelernt? Durch ausprobieren! Durch Erfahrungen und nicht aus Erzählungen. Oder war das bei irgendwem anders?

Erfahrung, nicht Erzählung

Wir haben gelernt Entscheidungen zu treffen, in dem WIR sie treffen durften. Wenn es die Falsche war, ja Bingo! Haben wir wieder was gelernt und sind daran gewachsen. Warum verhindern Helikopter-Eltern das Wachstum, die Selbstständigkeit der Kinder? Weil sie das Beste wollen, weil sie nicht loslassen können? Ein Kind als Lebensprojekt? Warum verstehen sie nicht, dass sie, so gut sie es auch meinen, den Kindern eher hinderlich als förderlich sind? 

Dieser Beitrag erschien auch bei Edition F / Berlin

12 Gedanken zu „Liebe Helikopter-Eltern!“

  1. Grundsätzlich sind wir, glaube ich, einer Meinung, jedoch gehört dieser Artikel wie so viele Eltern-Artikel momentan zu denen, die sich sehr herablassend äußern. Ich bin das leid. Die Eltern, die ich kenne und beobachte, sind eigentlich alle okay, natürlich machen die manche Sachen so, dass ich die Augen rolle, aber das ist umgekehrt bestimmt genauso. Das extreme Helikopter-Parenting habe ich bis jetzt erst bei einer entfernten Bekannten beobachtet und ich habe das Gefühl, dass Negativbeispiele gerne aufgeblasen werden, anstatt Eltern mehr Mut zu machen oder einfach mal milde zu lächeln und sich zu denken, wie unterschiedlich Menschen so etwas handhaben. Durch diese negativ-wertenden Artikel fühlt man sich als Eltern noch mehr beobachtet, noch mehr auf dem Prüfstand, noch unsicherer. Ich stehe ständig als Mutter in der Öffentlichkeit, wenn ich mit meinen Kindern unterwegs bin und kann die Beurteilung durch Außenstehende förmlich spüren. Ich habe das satt. In irgendein Klischee passe ich immer rein, es gibts nichts einfacheres, als von außen auf eine Mutter zu zeigen und zu sagen: Oh, Mann, stellt die sich doof an!

    1. Guten Tag Maike, tut mir leid wenn Ihnen der Artikel nicht gefällt. Wie Sie schon am Titel des Blogs erkennen können ist das hier kein „Ich mach euch Mut Blog“ sondern es dreht sich um Dinge die man so nicht sagen darf, aus genau solchen Gründen wie von Ihnen oben beschrieben. Ich habe in den letzten 16 Jahren in denen ich mit Kinder arbeite leider nicht nur einen Fall gesehen, wie Sie, von extremen Helicopter Parenting. Dass Sie das Gefühl haben beobachtet zu werden und sich so selber dem Stress aussetzen, ja was soll man dazu sagen? Muttis machen sich den Stress meist selber.So lange Sie ihr Kind nicht schlagen, dürfte es niemanden was angehen wie sie ihre Kinder erziehen. Ich möchte nur hiermit drauf verweisen, was im Fall von Helicopter Parenting passieren kann 😉 Nichts für ungut. Der Bericht ist nicht herablassend, sondern soll zum Nachdenken, reflektieren anregen über das eigene Verhalten.
      Wenn sie Zuspruch und aufbauende Worte brauchen, besuchen Sie doch meinen anderen Blog : NannyAnny.Wordpress.com oder meine Seite Nanny Anny auf Facebook.
      Da bin ich dann etwas versöhnlicher.

      Alles Gute

      Paula

  2. Du erwähnst in deinem Beitrag die verschiedenen Arten nicht wie Rettungs-, Transport- und Kampfhubschraubern ;-). Mein Älterer konnte mit 2 1/2 praktisch noch nicht sprechen, das damals Versäumte hat er inzwischen mehr als nachgeholt, heute steht sein Mund kaum jemals still (er ist jetzt 23). Zum Transporthelikopter wird man als Mutter auf dem Land beinahe zwangsläufig, wenn die Kinder Sport o.ä. machen, denn in kleinen Ortschaften gibt es praktisch nix mehr.

  3. Sehr guter und wahrer Artikel. Ich selbst habe noch keine Kinder nur viele Erfahrungen durch Au Pair Aufenthalte und Babysitten. haha, ich musste auch immer aufpassen, dass ich nicht zu Helicoptermäßig bin. Aber letztendlich tut man den Kleinen damit keinen Gefallen und schlimm wirds, wenn die Kinder dann im Jugendlichen Alter / frühen Erwachsenen Alter immer noch nicht gelernt haben selbstständig zu handeln. Gut das du das Thema hier ansprichst!

    LG Svenja

  4. Hab selber noch keine Kinder und ein bisschen Angst zur Helicopter Mutter zu werden, aber andererseits denk ich mir auch, nur durch ausprobieren lernt man was und ich hab dann am Ende lieber ein selbstständiges Kind, das im Dreck spielt und sich die Knie aufschürft. Über die Gefahren, die sich bei zuviel Bemutterung entstehen können hab ich noch gar nicht so nachgedach, klingt aber logisch

  5. Ein sehr interessanter Artikel, ein sehr interessantes Thema.
    Ich hab 18 Jahre lang ehrenamtlich eine christliche Kindergruppe geleitet. Und im Lauf dieser langen Zeit habe ich immer mehr beobachtet, wie sehr sich die Fürsorge der Eltern und dadurch auch die Kinder verändert haben. Während in meiner Kindheit es noch ganz normal war, sich zu raufen, rumzutoben, sich auszupowern, ist das schon lange vorbei.
    Meine Gruppe war für Jungs von 7-12 Jahren. Da kommt schnell Unruhe auf. Sie brauchen Bewegung und Action. Wenn es mal nicht mehr ging, durften sie mit einem robusten Mitarbeiter raufen. Das ging immer gut, bis sich eines Tages die Eltern beim 1. Vorsitzenden beschwerten, weil ihre Söhne vlaue Flecken mit nach Hause brachten. Also mussten wir unser Programmangebot anpassen und die Kinder komplett in Watte packen.

    LG, der Marco
    #BLOKOSO

    1. Hallo Marco

      Ja, das ist mir leider auch schon aufgefallen. Es ist immer extrem schade für die Kinder, hatten so ein ähnliches Problem auch mal in der Kita. Weiss nicht was sich manche Eltern denken, aber nun ja, wenn die Kinder flüge werden sollen kommt das grosse wundern…

      Liebe Grüsse aus Bukarest,

      Paula

  6. Hallo Paula,

    ich muss ja mal ganz blöd sagen: Das Umherhelikoptern um meine Kinder wäre mir viel zu anstrengend! Jedes Elternteil muss natürlich selbst wissen, wo seine/ihre Prioritäten bei der Erziehung liegen. Ich für meinen Teil bin lieber entspannt und lasse meinen Kindern auch mal ihre Autonomie und ihre eigenen Erfahrungen, anstatt mein Kind ständig ermahnen zu müssen, was es zu tun oder zu lassen hat. „Richtig“ macht man es eh nie, denke ich 😉
    Meine Kinder dürfen sich gerne austoben. Mein Sohn fand es mit 2 Jahren im Sommer wahnsinnig toll, im Zoo in den einen kleinen Bach zu springen und darin zu matschen. Zum Glück für mich ist der Bach direkt neben einem kleinen Zoocafé. So konnte ich in Ruhe sitzen und essen, während er glücklich dreckig und nass war. Das beste aber waren die Blicke der anderen vorbeikommenden Eltern. Kein anderes Kind durfte jemals mit in den Bach hüpfen.

    Liebe Grüße
    Christin

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