Kinder? Nein, danke.

Mit 13 Jahren: „Ich will keine Kinder“ – „Du bist noch zu jung, um das zu wissen!“ 

Mit 19 Jahren: „Ich will keine Kinder!“ – „Bist du sicher mit dem Abbruch?“ 

Mit 25 Jahren: „Ich will keine Kinder!“ – „Auch deine Uhr wird laut ticken!“ 

Mit 30 Jahren: „Ich will keine Kinder!“- „Warte nur, bis der Richtige kommt!“ 

Mit 32 Jahren: „Ich will immer noch keine Kinder!“ – „Ich dachte genauso wie du, und dann wurde ich schwanger und es war DAS BESTE EVER in meinem Leben O.M.G, DIE ERFÜLLUNG!!!1!!“ 

Mit 35 Jahren: „Ich will keine Kinder!“ -„FRAUEN SIND DAZU DA UM KINDER ZU GEBÄREN, DU EGOISTISCHE HEDONISTISCHE HOE, WIR MISSBILLIGEN WIE DU LEBST, WIR SCHLIESSEN DICH VON DER RENTENKASSE AUS, WER DENKST DU WIRD DICH PFLEGEN, WER DEIN RENTE ZAHLEN, WÄHREND DU DIR EIN SCHÖNES LEBEN MACHST, DU SCHMAROTZERIN! 

In einem Anflug von bizzeli Naivität und erhöhter Temperatur, schrieb ich letztes Wochenende, als ich mal wieder von den Bakterien aus der Arbeit aufs Kreuz gelegt wurde, nach einer müssigen Diskussion um Kinder, einen Thread auf Twitter. 

Denn während manchen Eltern und ihren Kindern gefühlt immer die Sonne aus dem Hintern scheint, müssen kinderlose Frauen ja immer traurig, verbittert und überhaupt ein verdammt hartes Leben haben ohne Kind am Rockzipfel. Dem wollte ich mit dem Thread für das kinderlose Leben entgegensteuern, voila: 

Als kinderlose habe ich auch Vorteile, mal abgesehen von dem ganzen Mitleid der Gesellschaft 😉 

  1. Mein Körper „bleibt“ wie er ist. Mütter werden wissen was ich meine
  2. Kein Stress wegen Kinderbetreuung oder Vereinbarkeit
  3. Keine kostenlose Carearbeit
  4. Keine Erziehungsdiskussion mit dem Vater, dem Internet, anderen Müttern /Vätern
  5. Ausschlafen an jedem freien Tag
  6. Ruhig schlafen, jede Nacht
  7. Keine Angst vor Altersarmut
  8. Keine Angst gefeuert zu werden, weil das Kind ständig krank ist
  9. Spontanität – ich kann tun und lassen was ich will
  10. Weiterbildungen, ohne Einschränkung
  11. Keine grossen Geldsorgen
  12. Keine grössere Angst vor dem Burnout
  13. Richtiger, erholsamer Urlaub
  14. Soziale Interaktionen, jederzeit
  15. Bewahrung meiner Persönlichkeit
  16. Die Freiheit meinen Wohnort / Stadt / Land zu wechseln, so oft ich will
  17. Ich habe sehr viel Zeit für mich
  18. Im Alter werde ich nicht als kostenloser Babysitter missbraucht
  19. Keine Kindergeburtstage, Elternabende
  20. Ich kann mein Geld für jeden Blödsinn ausgeben
  21. Keine Rechtfertigungen, wenn ich ohne Kind unterwegs bin
  22. Keine Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, wegen des Kindes
  23. Ich kann duschen, zum Friseur, zur Massage, wann ich will
  24. Kaum Zukunftsängste, Sorgen
  25. Ausgeglichenheit
  26. Die Ruhe zuhause
  27. Ein erfülltes, regelmässiges Sexualleben
  28. Ich versauere nicht im Altersheim, mit dem Wissen, das ich Kinder habe
  29. Ich muss mich nicht rechtfertigen, warum ich kein 2tes, 3tes oder 4tes Kind gebäre
Das Echo 

Der Shitstorm hielt über Tage an und erreichte in 24 Stunden ca. 250.000 Menschen. Ja, so habe ich auch geschaut. Über 900.000 Tweetimpressionen in allen Tagen, normalerweise habe ich um die 300.0000 im Monat. Als würde das Universum von meinen Kindern abhängen, oder der Teufel persönlich emporsteigen und alles abfackeln, weil ich keine Kinder gebäre. 

Mütter, die sich erklärten, ihr Leben mit Kindern erklärten, ihre Freiheit mit Kindern erklärten, verteidigten, Missionarinnen und Missionare für „das einzig gute Leben ist mir Kindern“ auf harter Tour, Verfechter der guten alten Zeiten, die mir schrieben, dass ich meine Lebensaufgabe nicht erfülle, wenn ich keine Kinder gebäre, das sie mich am liebsten von der Rente ausschließen würden (in Deutschland wohlgemerkt) Meine Gründe wären ja keine richtigen Gründe keine Kinder zu bekommen, sondern sind einfach Ausreden. Ja, AUSREDEN. Als würde ich mich zieren in die Dorfkneipe zu gehen und mir deswegen was aus dem Ärmel ziehen muss. 

Eigentlich habe auch nur einen einzigen Grund, warum ich keine Kinder will und der ist: (OBACHT, JETZT GENAU UFBASSE!)  

Ich habe einfach keinen Bock auf eigene Kinder! 

Und das als Erzieherin, die jeden Tag mit Kindern verbringt, nicht erst seit gestern. Denn auch das obligatorische „Ich hasse Kinder“ fiel in der Diskussion. Viele fanden es himmelhoch traurig, meinen Thread, dabei offenbarten sie eher ihre himmelhoch traurige Realität. Besonders Männer waren bei dem Thema extrem aggressiv und beleidigend. Ein besonderer Mann, stalkte mich sogar mit seinem Zweitprofil, nachdem ich sein Profil sperrte, denunzierte mich mit Screenshots auf seinem Profil und warum? Weil ich ihn von der Diskussion ausgeschlossen hatte. Dabei berief er sich auf seine Meinungsfreiheit. 

Ja, du darfst als Mann sagen was du willst, es besteht aber kein demokratisches Recht von mir angehört zu werden. Zu aller Schande war es auch noch jemand, der von sich behauptete für Frauenrechte zu stehen. Seine Gefolgschaft brabbelte mich dann auch Tage später damit voll. Sind eh immer die besten. Sie sind nur für Frauen, die sich so benehmen, wie sie es gerne hätten. So sieht es nämlich in Wirklichkeit aus. Mann, ist ja auch kein Frauenhasser, weil Mann hat ja eine Frau zuhause…blablabla. 

Kinderlos und ungeliebt 

Als kinderlose Frau erfahre ich trotzdem was es heisst geliebt zu werden. Denn auch das wurde uns unterschlagen. „Aber die Liebe eines Kindes ist mit nichts zu vergleichen!“ 

Doch doch. Meine Selbstliebe übertrifft bei weitem alles, was mir die Aussenwelt oder eine Drittperson jemals geben kann. 

Jemand der mir total ausgeliefert ist und absolut von mir abhängig, würde mich also so lieben, wie es nie jemand anderes vermag. WOW. Darauf kann ich gut und gerne verzichten. 

Und wisst ihr was? Es ist egal was eine Brigitte, ein Klaus oder ein Michael davon halten. Ob sie mich für egoistisch halten, was ich auch klar bin, denn es ist mein Leben, in dem ich bestimme, was sich tut oder nicht tut. Wie selbstlos sind die Menschen, die Kinder in diese Welt setzen? Denn meistens hörte ich was von „Wer zahlt deine Rente?“ „Wer kümmert sich im Alter um dich?“ und „Im Alter wirst du einsam und verbittert sein!“ Ein Kind also, damit ich im Alter besser dastehe, keine Langweile habe und jemand der mich kostenlos pflegt? – Nein, danke. 

Weil ich weder der Brigitte, dem Klaus oder dem Michael ein Kind schulde. Und wer glaubt der Generationenvertrag funktioniere, sollte sich nur mal mit Menschen die Rente beziehen unterhalten. 

Dieser Thread erschien auch nicht als Rechtfertigung, sondern einfach mal als Perspektivenwechsel. Denn allzu oft wird kinderlosen Frauen Neid und Missgunst attestiert, auf Mütter und ihre Kinder. Kinderlos zu sein hat keine Vorteile. Kinderlos zu sein, das endet immer in Verbitterung, langweile, und ohne Sinn im Leben. Mitnichten! 

Habt 5 Kinder, gar 10. Ich freu mich für euch. Ich gönne euch euer Glück, von Herzen. Akzeptiert ihr bitte auch, dass es eben nicht für alle das Glück bedeutet. Einige kamen dann mit der Aussage „Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Gründe im Leben glücklich machen sollen!“ Ja, DU, DU kannst es dir nicht vorstellen. Das hat aber mit meinem Leben und meiner Wahrheit nichts zu tun. 

Nichtmuttertag 

Ich und andere kinderlose Frauen feiern heute den Nichtmuttertag. Halleluja, ich bin keine Mutter! Dabei denke ich an mein nichtgeborenes Kind und bin glücklich mich dagegen entschieden zu haben. Auch für das Kind, dem vieles erspart geblieben ist. 

Und auch wenn das für viele schwer vorstellbar ist; es gibt auch Frauen mit total schöner Kindheit, die sich keine Kinder wünschen. 

Habt einen wunderbaren Sonntag, ob als Mutter, oder kinderlose Frau! 

Paula 

Ps. 30. Meine Legos liegen sicher nicht am Boden 

6 Gedanken zu „Kinder? Nein, danke.“

  1. Ich bin entsetzt über die von Dir geschilderten Reaktionen. Und das nach über 100 Jahren Feminismus.

    Allerdings: Einige Deiner genannten Punkte sind eine Schande für unsere Gesellschaft, ein paar andere treffen nur zeitweilig zu.

    Den Punkt „Bewahrung meiner Persönlichkeit“ verstehe ich nicht. Und Dein Körper bleibt auch nicht wie er ist…

    Kinderlose Männer erfahren dagegen nie Neid oder Missgunst, da redet auch niemand von „Schmarotzern“ oder ähnlichem.

    1. Hallo Wolfgang

      Danke für deinen Kommentar. Das mein Körper nicht so bleibt wie er ist, machen die Gänsefüchschen klar. Er hat einfach keine Leiden, die nach der Schwangerschaft eintreten. Nun ja, kaum bekommt eine Frau ein Kind, ist sie nur noch Mutter. Ihre Persönlichkeit kann sich dann nicht mehr entfalten, so wie sie das gern hätte, sondern das Kind macht ihr und dem Partner dann das Programm. Auch die Gesellschaft trägt ihren Teil dazu bei, kaum eine Mutter unterwegs ohne Kind hat diesen Spruch nicht gehört „Und wer schaut auf das Kind?“ als ob es nicht Väter, Partner oder Babysitter gäbe.

      Liebe Grüsse,

      Paula

  2. Hallo Paula!

    Wow der Artikel ging mir unter die Haut. Ich fühle genauso! Ich wollte noch nie Kinder und bin seit einiger Zeit verzweifelt auf der Suche nach einem Arzt der mich sterilisiert. Dort bekomme ich genau die Aussagen zu hören die du auch beschrieben hast.

    „Warten Sie nur mal auf den Richtigen“ – Ich habe bereits seit 6 Jahren den Richtigen. Und als ob mich ein Mann – egal wie toll er ist – mich überzeugen könnte Kinder in die Welt zu setzen. Wie war das nochmal mit Emanzipation und so? Verstaubtes Wort ich weiß.

    „Die meisten Frauen bereuen das später“ – Ach und weil 70% das bereuen muss ich das ja wohl auch, oder? Und selbst wenn. ICH habe das entschieden, ICH muss damit klar kommen.

    „Sie sind noch zu jung“ – Jep mit 26 bin ich vollkommen unausgereift und habe keine Ahnung vom Leben und was ich davon will. Mein Arzt aber schon.

    Furchtbar das man mit so einer Entscheidung einfach nicht akzeptiert wird. Ich vermute ja immer das es oft der Neid von Müttern ist der sich in dieser krassen gesellschaftlichen Spaltung widerspiegelt. Jede Mutter wünscht sich sicherlich auch mal kinderfreie Tage/Wochen.

    Ich glaube ich muss dazu auch mal einen Artikel schreiben. Da steckt leider viel Ungerechtigkeit drin.

    Tut mir leid was du auf den sozialen Medien aushalten musstest! Viel Kraft und alles Liebe!

    Jessica

    1. Hallo Jessica,

      danke für deine lieben Worte.

      Ja, das mit der Verweigerung der Sterilisation kenne ich auch noch. Dieses Jahr versuche ich es dann erneut in der Schweiz und hoffe nun mit meinen 35 Jahren nun genug alt und mündig zu sein das entscheiden zu dürfen. Bin da total bei dir, es ist mein Körper, ich entscheide und ich lebe mit den Konsequenzen. Aber joa, Frau ist nur alt genug um Kinder zu bekommen, aber nicht sich definitiv gegen Kinder zu entscheiden, mich nervt das auch extrem. Und diese absolut dummen Sprüche aus allen Richtungen sowieso.

      Jede Mutter und auch jeder Vater wünscht sich manchmal wieder das Leben vor den Kindern zurück, mit der Ruhe, der Freiheit und Co. Nur wer würde das zugeben, ohne von der Gesellschaft zerfleischt zu werden?

      Bleib weiterhin stark!

      Paula

      1. Hallo Paula,

        man sollte meinen 35 sollte ein ädequates Alter für sowas sein 😉 Ich dachte irgendwie die Schweiz wäre offener für sowas weil die das auch mit der aktiven Sterbehilfe entspannter sehen.
        Stimmt bei 16-jährigen Müttern sagt keiner was. Verrückte Welt.

        Ich wünsche dir auch viel Erfolg!

        Jessica

  3. Was man auch so nicht sagen darf, da es ein Tabu ist: dass man als Mutter das Kinderhaben bereut. Zutiefst bereut und es gerne rückgängig machen würde. Mit Neid schaue ich auf Deine „Freiheitsliste“ an Dingen, die kinderlose Frauen einfach so selbstverständlich haben und würde die Zeit gerne zurückdrehen. Ich habe noch mind. 10 Jahre in diesem meinem persönlichen „Muttergefängnis“. Die Gesellschaft und ihr Anforderungskatalog an Mütter kotzt mich nur noch an. Ich ziehe wenig Genugtuung aus meinem Kinderhaben aber empfinde die zeitlichen, nervlichen und finanziellen Belastungen überaus drastisch.
    Genauso nervt es mich, dass die Belastungen des Kinderhabens quasi wie ein privates Vergnügen von Eltern gesehen werden, wie ein teures Hobby oder so; ein Wunder, dass man keine Kindersteuer analog zur Hundesteuer zahlen muss. Der Nutzen aus diesen Kindern jedoch von der ganzen Gesellschaft parasitär genutzt werden. Kinderbelastung und Kinderkosten werden komplett privatisiert. Der Nutzen aus den Kinder komplett sozialisiert.
    Im nächsten Leben habe ich keine Kinder.

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