Im Endeffekt ist es nur Fett – Über Brüste und Komplimente

Ich war kürzlich clubben. Ja, ich weiss, Corona und so, aber wenn es schon niemanden wirklich interessiert, dass Erzieherinnen wie ich jeden Tag von x Kindern und Erwachsenen ohne Schutz umgeben sind, spielt das clubben in meinen Augen auch keine Rolle mehr. Also, ich war clubben. Ja, in der Schweiz haben die Clubs wieder offen. Nein, ich hatte danach kein Corona.

Ich habe schöne Brüste

Irgendwann kam ein Typ auf mich zu und fragte ob er mir ein Kompliment machen dürfe. Klar, welche Frau hat nicht gerne Komplimente, doch tief in meinem inneren wusste ich, dass nun nur noch Bullshit folgen würde, aber hey, why not. Immerhin hatte er vorher gefragt. «Du hast total schöne Brüste!» Joa, was soll ich darauf sagen. Ich antwortete mit «Ja, danke. Ich weiss, ich sehe sie jeden Tag. Das ist kein Kompliment, ausserdem.» Verdattert stand der Typ vor mir und wusste nicht was sagen. Ich drehte mich um und ging.

Wir sind hier nicht bei „Germanys next Topmodel“ – Deine Bewertung interessiert 0. Wirklich

Ich bin kein Fan von (fremden) Männern, die Kommentare ablassen zu meinem Körper, egal wie positiv diese gemeint sind. Wozu auch? Ich (und alle anderen Frauen auch) habe einen Spiegel zuhause, ich kann sehr gut sehen und meine Brüste sind an mir dran seit ein paar Jahren. Ich und mein Ego sind nicht darauf angewiesen, dass random Larrys mir sagen, dass ich schön bin. Und auch viele andere Frauen sind nicht darauf erpicht, dass Helmut, Christian und der Schorsch seine Meinung kundtun zum weiblichen Körper. Wer sind sie schon, dass es bei den Frauen eine Rolle spiele was sie denken? Meine Herren, ihr seid nicht Heidi Klum, oder Bruce und wir sind hier nicht bei GNTM – wir wollen von euch auch kein Foto haben. Merci.

1950

Für mich ist das patriarchaler Mist aus einer Zeit, in der Mann und die Gesellschaft dachte, die Frau mache sich nur «schön», um der Männerwelt den Kopf zu verdrehen. Hallo, 1950! Als Frauen dazu dressiert wurden, dem Herrn im Hause zu gefallen, oder sich einen solchen zu angeln und mit seinem Wort und Urteil das Selbstbewusstsein stieg, oder abgrundtief fiel. Wir machen uns im Jahr 2020 aber nicht mehr schön, um einen Mann abzubekommen, um nicht als alte Jungfer zu sterben, sondern wir machen uns schön, weil wir Lust darauf haben. Wir sind nicht mehr abhängig von Männern, ihrer Meinung, oder ihrem Einkommen. Und du outest dich wirklich als Creep, wenn du ungebeten unseren Körper kommentierst. Nicht nett, nicht wohlwollend, sondern einfach nur «bäh, was bist du denn für einer?»

Komplimente, die Mann mir im Club machen kann: Erstmal keine. Nicht bevor man Kontakt aufgenommen hat und ein paar Worte gewechselt hat. Keine Frau hat darauf gewartet von fremden Männern bestätigt und / oder bewertet zu werden.  Wirklich nicht. Und die, die es tun, na ja, die werden eines Tages schon noch zur Besinnung kommen. Hoffentlich.

Nackte Haut im Netz

Ich habe kürzlich Bilder von mir veröffentlicht. Bilder von mir auf der Insel (im Zürichsee) im Bikini, Bilder von meiner braungebrannten Haut, um genau zu sein, war es ein Teil meiner Brust war, bzw. der Bikinabdruck, und ein Bild meiner Füsse im Freibad. Warum ich das getan habe? Weil ich Lust darauf hatte.

Nicht nur, wurde ich darauf hingewiesen, ungefragt, dass meine halbe Brust, bzw ein Bikiniabdruck, im Netz zu sehen ist (ähmm, ja ich weiss, ich habe es geschossen UND hochgeladen) nein, ein anderer Mann fragte richtig dreist auch nach dem restlichen Ausschnitt, oder Mann wies mich darauf hin, dass auf dem Bild meiner Füsse vom Bikini nichts zu sehen ist. No shit, Sherlock! WIRKLICH?

Wie wäre es, wenn Mann einfach aufhört den weiblichen Körper zu sexualisieren? Denn im Endeffekt sind Brüste auch nur eine Ansammlung von Fett (ja, auch Bindegewebe und die Brustdrüse ist dort zu finden). Mann sieht ja gerne «Fett», aber nur wenn er bestimmen kann nach welchen Spielregeln. In Pornos zum Beispiel. Oder in Bildern, die Frau exklusiv nur für ihn zur Verfügung stellt. Eine Frau, die niemanden um Erlaubnis bittet und ihren Bikiniabdruck ins Netz stellt – ja, da muss Mann doch sofort intervenieren! Ufffff. Ob diese Leute genauso durchdrehen, wenn Heinz sich halbnackt in den Park stellt?

Und alle die nun denken, «wenn ich das nicht möchte, so dumme Kommentare, dann sollte ich nicht so offenherzige Bilder posten», die würden mir sicher auch empfehlen, keinen kurzen Rock anzuziehen, um nicht vergewaltigt zu werden, oder?

Wenig Stoff, weniger Respekt – Aber zu viel Stoff, auch weniger Respekt – WTF?

Ein bisschen nackte weibliche Haut im Netz bringt manche Männer wohl dazu in den Modus von 1950 zu schalten, und den besorgen „Papa“ zu spielen, oder den Neandertaler, der komplett jeglichen Anstand vergisst. Ich werde das Gefühl nicht los, dass oft weniger Stoff auf der Haut auch weniger Respekt heisst. Bzw. zu viel Stoff auf der Haut, bedeutet auch weniger Respekt, bedenkt man wie manche Frauen behandeln, die ein Kopftuch oder eine Burka tragen. Ich bin verwirrt.

Dass ich es als Frau niemanden recht machen kann ist nichts Neues. Aber zurück zu den Komplimenten, bevor es ausartet. Körper oder Aussehen von anderen zu beurteilen oder zu kommentieren, egal wie gut man es meint, ist scheisse. Wirklich. Blöde und unpassende Kommentare können im schlimmsten Falle in Essstörungen enden. Wie sich andere präsentieren oder nicht präsentieren geht euch einfach nichts an. 0. Nada. Ach ja, bevor ich es vergesse: Frauen sind nicht dazu geboren worden, irgendwem gefallen zu müssen.

 

 

 

5 Gedanken zu „Im Endeffekt ist es nur Fett – Über Brüste und Komplimente“

  1. Cooler Beitrag! Ich frage mich auch dauernd, wieso es Männern gestattet ist, ihre Titten und Schwabbelbäuche unbedekt auf offener Straße zu zeigen, Frauen aber bloß ihre Brustwarzen nicht zeigen dürfen. Ergibt für mich absolut keinen Sinn. Manche Männer haben größere Brüste als viele Frauen und da sagt keiner was? Was genau ist eigentlich der Grund für diese Verklemmtheit, dass Frauen sich nicht zeigen dürfen? Übrigens denken viele Frauen ja auch noch, dass andere Frauen bitte nicht so viel Haut zu zeigen haben…

    1. Hallo Tanja

      Danke für dein positives Feedback! Bei Frauen denke ich mir oft, dass es was mit ihrem eigenen Selbstwertgefühl zu tun hat. Sie würden gern anderen Frauen etwas verbieten, was sie sich selber nie trauen würden. Es ist eine Projektion ihrer eigenen Gedanken. Solche Damen haben mein vollstes Mitleid.

      Bei den halbnackten Männern sagt keiner was, weil man ihren Körper nicht so sexualisiert wie den weiblichen. Wie sonst ist es zu erklären, dass Brustwarzen nur bei Frauen nicht gezeigt werden dürfen und die ganze sexistische Werbung mit halbnackten Frauenkörpern? Und wenn Frauen sich dann zeigen, ausserhalb der Pornobubble, die auch oft von Männern befeuert wird, dann muss Mann sie entwerten, schliesslich hat sie niemanden um Erlaubnis gefragt und es geht nicht nach den Spielregeln eines Mannes.

      In vielen Kulturen beschmutzt ja nur die Frau die Ehre der Familie wenn sie sich nicht ordentlich bedeckt. Es ist einfach ein Machtinsrument, diese Art von Unterdrückung, um Frauen an der kurzen Leine zu halten.

  2. Bevor ich es vergesse Deinen letzten Satz möchte ich ergänzen: ,Männer auch nicht“.
    .
    Aber sind es nicht Frauen (Mütter), die es in der Erziehungsarbeit in der Hand haben? Ansonsten hast Du sowas von recht. Vor ein paar Jahren gab es Slutwalks zu genau diesem Thema. Leider mit viel zu wenig Teilnehmerinnen und kaum Teilnehmern.

    1. Oh wow. Davon auszugehen das nur die Frauen die Erziehungsarbeit in der Hand haben, finde ich bedenklich, schliesslich gibt es auch noch die Väter. Und auch viele Frauen die das patriarchalische Denken übernehmen und an ihre Kinder weitergeben. Auch findet die Sozialisation nicht nur zuhause statt, sondern spätestens mit dem Beginn der Schule weitgehend ausser Haus.

      Schon klar, zum Thema des Beitrages =)

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