Erinnert ihr euch, als es vor einem Jahr losging, und sich immer mehr Frauen zu Wort meldeten, im Rahmen der #Metoo Debatte? Tja, schon ein Jahr ist es her. Was hat sich seit dem getan? Ich hatte auch über meine Erfahrungen geschrieben und wurde mehr oder weniger von Männern beschimpft, weil der Täter ja Biodeutscher war. Auch das ich nicht nur einmal von Männer unflätig angesprochen, angefasst und belästigt wurde, liess man meist nicht gelten.
Was habe ich mich auch nachts auf der Strasse aufzuhalten oder in Bars, bzw. Clubs?! Klar, ich bin natürlich selber schuld. Das es mein damaliger „Partner“ war – bedeutungslos. Brave Frauen hocken nachts und überhaupt zuhause und kümmern sich ausschliesslich um Kind, Küche und Kirche. Wie im Mittelalter üblich, denn dort leben diese Menschen, mit diesen verqueren Ansichten.
„Er“ beobachtet mich
Ich wurde in die Opferecke gedrängt, wo ich mich nie sah, und mein Vergewaltiger schaut sich immer noch ab und an meine Instagramstories an. Ja, ich sehe das. Nein, ich reagiere nicht und belächele das müde.
Warum ich ihn nicht sperre, fragt ihr? A: weil es mir egal ist, dass er sich da an meinem Leben ergötzt und B. Damit er sieht, dass er mich nicht gebrochen hat, nicht das es eine Rolle spielen würde, was er von mir denkt. Aber er darf sehen, dass ich mich prima gemacht habe, trotz seines Psychoterrors, auch weit über die „Beziehung“ die wir hatten hinaus und der Vergewaltigung, die er bis zum Schluss nicht als solche ansehen wollte.
Wer wer war zum Schluss die Hysterische, als ich anfing mich gegen seinen Mist zu wehren? Dreimal dürft ihr raten! Jedes Mal sind es doch die Frauen, die „hysterisch“ sind, oder einen an der Waffel haben, gar eine psychische Erkrankung nachgesagt bekommen, wenn ihnen die Hutschnur platzt und sie sich gegen den Terror wehren, der gegen sie ausgeübt wird. Durch meine Vergangenheit dachte ich teilweise, ich hätte Borderline. Dabei war mein Umfeld einfach nur scheisse, gelinde gesagt. Ich konnte mich damals gegen gewisse Umständen einfach nicht zur Wehr setzen, mich schützen und explodierte förmlich, wenn der Leidensdruck dann doch zu gross wurde. Mein berühmt berüchtigter innerer Klaus Kinsky tobte dann, dass die Wände wackelten.
Die beste Rache? Ein glückliches, erfülltes Leben!
Ich dachte, es wäre Liebe, dass das dazugehört, dieses erdulden von Situationen im Namen der Liebe. Weil ich es nicht anders gelernt hatte zuhause. Zum Glück ist das schon sehr lange her. Auf der Strasse grüsst er mich nicht, aber mir auf Instagram folgen. Das muss man erstmal verstehen. Nun ja, ich habe einige Follower, die mir nur folgen dürfen, damit sie jeden Tag sehen, wie toll mein Leben ohne sie ist. Denn wie heisst es so schön? Ein glückliches und erfülltes Leben ist die beste Rache.
Aber zurück zum Thema: Gewisse Männer waren plötzlich verwirrt. Was durfte man denn überhaupt noch? Wer sich aber als verwirrter Mann äusserte, zeigt ja lediglich, dass er bisher Grenzen überschritten hatte und nun Angst hatte. Zurecht. Ein Kommentar zur Figur der Frau ist kein Kompliment. Stilberatung auch nicht. Keinem Mann steh es zu der Frau zu sagen, was sie anziehen soll, was sie wiegen darf und überhaupt. Frauen, die sich im Netz freizügig präsentieren, fragen auch nicht danach was Hanswurst dazu zu melden hat. Denn Pornos schauen sie ja schon, die sind super, mit tollen Vollbusigen Bitches drin, doch wenn Frau im Alleingang beschliesst blank zu ziehen, verliert sie gleich an Wert. Ich meine, was soll das denn werden? Wer hat ihr das erlaubt?
Es geht um Macht, um Kontrolle
Man möchte also immer noch die Kontrolle über den weiblichen Körper und bestimmen, wann es für einen selber genehm ist nackte Haut zu sehen, oder halt auch nicht. Und nicht nur dort, sondern auch was Frau mit ihrem Körper darf und was nicht, aber dazu ein anders mal. Die Zeiten sind langsam aber sicher vorbei, und bald haben auch die „angry old men“ das Zeitliche gesegnet. Wir können es alle also nur noch besser machen. Auch Frauen nehme ich hier mit rein. Denn auch Frauen erlauben sich Urteile und dumme, abwertende Sprüche gegenüber anderen Frauen oder verteidigen die Grenzüberschreitungen der Männer. Dazu später noch mehr.
Allgemein werde ich das Gefühl nicht los, dass seit der Debatte der Frauenhass zugenommen hat. Was kommen diese Weiber nun auch nach so vielen Jahren und denunzieren Männer reihenweise? Was machen diese Weibsbilder nun auch einfach den Mund auf und trauen sich Missstände anzuprangern? Von frustrierten Emanzen hat man gehört, die sich ja nur nach männlicher Zuneigung sehnen und Aufmerksamkeit brauchen. Klar, lass uns mal schnell eine Geschichte erfinden, weil im Leben sonst nichts los ist.
Täter ist nicht gleich Täter
Man unterscheidet auch heute noch, zwischen den Tätern. Ist er Ausländer, ist er des Todes, man schneide ihm bitte Augenblicklich den Pimmel ab und schicke ihn retour in die Lehmhütte. Ist es ein Biodeutscher, sollen sich die prüden, ungefickten Emanzen sich mal nicht so anstellen! (Wer hier die wahren ungefickten aber sind, das habe ich euch im letzten Podcast erläutert) Sind doch selber schuld, wenn sie rumlaufen wie Schlampen. Was provozieren die auch so? Die wollen es doch so haben!
Was mich am meisten aber entsetzt hat, war wie viele Frauen sich auf der Seite der Männer begeben haben. Wie man ihre Grenzüberschreitungen verteidigt hat. Von „erobert werden wollen“ war die Rede und von „Küsse erhaschen“ Die #Metoo Debatte töte den Kavalier und überhaupt, so ein wenig Grenzüberschreitung gehöre doch dazu. Nein, sorry, einfach nein. Eine Frau muss nicht erobert werden. Wenn sie nein sagt, meint sie nein. Das ist ein veraltetes Rollenbild, was ich auch in Marokko antraf. Dort akzeptierten die Männer, die ich antraf, auch kein einfaches und simples nein, trotz Fakeehering.
Veraltetes Rollenbild – verabschieden wir uns bitte davon!
Weil es ihnen so beigebracht wird, sie wissen es nicht besser. Sicherlich kann ich nicht auf alle Männer in Marokko schliessen, aber als alleinereisende blonde Frau war es manchmal echt anstrengend die Verehrer abzuschütteln und die Aussage spiegelt nur meine persönliche Erfahrung. Manchmal denke ich diese Männer glauben, Frauen seien Geschöpfe die erstmal nein sagen müssen, obwohl sie ja meinen, weil sie sonst Schlampen sind, die mit jedem ins Bett gehen. Sie muss umworben und erobert werden, notfalls überzeugt und gezwungen zu ihrem Glück. Als wären wir unmündige Menschen, die nicht wissen, was gut für uns ist oder was wir wollen.
Wo sind die unterstützenden Männer in der Debatte?
Ein Jahr nach der Debatte hat sich in einigen Betrieben vielleicht einiges getan, aber in den Köpfen der Menschen, beim grössten Teil der Gesellschaft, meiner Meinung nach nicht. Es ist eine Abwehrhaltung entstanden, zumindest habe ich das Gefühl, gerade bei den frustrierten Männern, die glauben Sex stünde ihnen zu. Die meinen, Frauen schulden ihnen was. Wo sind die Männer in der Gesellschaft, die Frauen unterstützen im Kampf gegen Übergriffigkeiten, Belästigung und Sexismus? Die meisten lachen noch über die blöden Kommentrare ihrer Kollegen, oder reissen selber unmögliche Sprüche. Taxieren Frauen nach „Fickbar“ oder „Unfickbar“ auf der Strasse, in den Bars oder im Fitnessstudio. Ich hörte sie zum grössten Teil nur, in der Verteidigsungsposititon bei #notallmen. Ein paar vereinzelte Exemplare, die sich solidarisch und unterstützend zeigten gab es dennoch, aber mir waren es zu wenige, tut mir leid. Denn auch die Männer geht es etwas an.
Es sind auch ihre Töchter, die aufwachsen in eine Welt, die nun mal so ist, wie sie gerade ist, und auch in Zukunft so sein wird, wenn wir nicht alle unseren Teil dazu beitragen sie zu ändern.